Belleville hat keinen berühmten Flohmarkt und wirkt an manchen Ecken so, als würde umgehend der nächste Pariser Aufstand ausbrechen. An anderen Ecken erinnert es an ein entzückendes Dorf. Le Paon Qui Boit, also der trinkende Pfau, säuft im gleichnamigen Geschäft nur Nicht-Alkoholika, aus der ganzen Welt. In der Brûlerie de Belleville hingegen wird Kaffee geröstet, was die ganze Straße beduftet.

Vier aktuelle Gastrotrends in Paris
Foto: Docks de Sait-Ouen

Vier aktuelle Gastrotrends in Paris

  • Food Courts: Schon wieder Saint-Ouen, denn hier soll im Herbst ein Food Court eröffnet werden. Natürlich gibt’s überdachte Märkte wie den Marché des Enfants Rouges im Marais seit Jahrhunderten. Aber ein Bauernhof und Imbissstände und Food Trucks, das ist dann doch eine andere Hausnummer. Platz dafür ist eben nur außerhalb von Paris.
  • Nichtalkoholische Drinks 
  • Ausländische Einflüsse: Yannick Alléno erklärte bereits im Jahr 2019, dass französische Küche auch deshalb so vielfältig sei. Asien ist häufig präsent, gerne im Austausch mit französischer Technik oder Produkten.
  • Qualitätvolle Gastronomie im Museum: Das Restaurant Forest im Museum für moder­ne Kunst oder das eingangs erwähnte Café Mulot sind beste Beispiele.

Von Eierspeisen und Bouillon

Touristenströme unbemerkt zu lenken und Gäste auf andere Ecken der Stadt aufmerksam zu machen, fängt beim Essen an. Das Baca’v liegt wie der Goldschildermaler im nichttouristischen Teil des 5. Arrondissements. Hier leben, shoppen, essen Pariser. Chefkoch Émile Cotte hat im Dreisterner Taillevent gearbeitet, aber kocht jetzt das Essen seiner Heimat, des Limousin. Die Karte ist winzig, mittags locken fünf Gänge für 59 Euro, abends ist der Laden ebenfalls brechend voll. 

Boudin noir mit Kartoffeldeckel, Kalb aus dem Corrèze, ein Côte de boeuf vom Limousin sind Klassiker. Wie Eierspeisen (siehe Kasten: Einmal aufschlagen, bitte) gehen, hat er auch drauf. Dieses so französische Können rund um einfache Grundprodukte ist ein großer Genuss. Man haut rein, sitzt eng und genießt bei einem Sauvignon Blanc, natürlich von der Loire. Für solches Bewirten gibt’s einen Bib Gourmand und zwei Hauben im Gault & Millau, das reicht Cotte aus, obwohl er Mitglied der 1887 gegründeten Académie de Cuisine ist.

Schieferschindeln
Im Les Toits Parisiens kann man von Profis das Handwerk im Schnellverfahren lernen, wie die berühmten Schieferschindeln, die den Dächern von Paris einst ihre Unverwechselbarkeit verliehen, entstehen. Foto: Les Toits Parisiens

Renaissance der Imbisshallen

Vielleicht ist genau das, nachvollziehbare Preisleistung und weniger Sterne-Stress, ein neuer USP beim Genuss? Denn nur auf Neueröffnungen zu fokussieren ist auch in Paris nicht mehr einfach. Zwar ist die Kurzlebigkeit weniger ausgeprägt als in London und Berlin, aber auch in Paris haben Restaurants zunehmend eine Halbwertszeit. Und die Preise erst ... dass Guy Savoy für sein Menü aktuell 640 Euro aufruft und Alain Passard in seinem L’Arpège für die edelste seiner „Grand Cru“-Suppen 90 Euro möchte, ja, das wissen Insider. 

Dass ganz andere Suppen, die Bouillons, fröhliche Urständ feiern, hat solche Insider überrascht. Diese Imbiss­hallen gab’s einst in ganz Paris, dann fielen sie in Ungnade, jetzt sind sie wieder angesagt. Serviert wird oft im Blechnapf, die Rechnung wie früher auf das Papiertischtuch gekritzelt, der schmackige Wein in der Karaffe auf den Tisch gedonnert. Auf der Karte stehen die urtypischen Klassiker zwischen Schnecken, Oeuf Mayonnaise, mari­niertem Lauch, Kalbskopf mit Gribiche­sauce, Kochfisch mit Krustentiersauce und Ähnliches. Ab 18 Uhr unbedingt reservieren, obwohl die Bouillons ganz­tägig geöffnet sind. Es geht laut zu, es macht satt und schmeckt recht ordent­lich. Nach spätestens 40 Minuten ist man gestärkt und um höchstens 25 Euro ärmer.

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