Wichtige Nährstoffe und hochwertiges Protein

„Insekten“, so betont man bei Snack-Insects, „enthalten viele wichtige Nährstoffe und hochwertiges Protein. Je nach Art liegt der Eiweißanteil von gefriergetrockneten Insekten bei über 60 Prozent. Es sind alle neun essenziellen Aminosäuren enthalten, viele Vitamine wie Vitamin A und B12, dazu Calcium, Zink und Eisen.“ Der Anteil an Kohlenhydraten sei gering, dafür sind viele Ballaststoffe vorhanden. So kann der Verzehr von Insekten zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen, versichert Folke Dammann und verweist darauf, dass sein Unternehmen in den letzten zehn Jahren nicht nur Tausende Privatkunden beliefert habe, sondern auch Gastronomen, Supermärkte und Großhändler. 

„Mit einem Kochbuch und Kochkursen sowie auf Messen und bei Info-Veranstaltungen haben wir sicherlich viel an Aufklärung in diesem Bereich geleistet.“ Lediglich Corona habe für einen erheblichen Dämpfer gesorgt. „Supermärkte und Gastronomen konzentrierten sich zwischenzeitlich auf ‚Grundnahrungsmittel‘ und viele Verbraucher waren bei exotischen Zutaten wieder eher skeptisch.“ Mittlerweile habe sich die Akzeptanz wieder erhöht, dennoch, so Dammann, „befinden wir uns nach wie vor in einem sehr kleinen und sicherlich nicht einfachen Nischenmarkt.“

Der Gelbe Mehlwurm …

… war das erste Insekt, das in Europa als Lebensmittel zugelassen wurde. Die durch Wärme getrocknete Larve des Mehlkäfers Tenebrio molitor darf als Ganzes oder gemahlen als Lebensmittel verkauft werden. Des Weiteren kann sie auch als Pulver bis zu einem Anteil von zehn Prozent in verschiedenen Lebensmitteln wie Nudeln, Keksen oder Proteinprodukten verwendet werden.


Die Europäische Wanderheuschrecke …

… ist seit November 2021 als Lebensmittel zugelassen. In drei Varianten darf diese Heuschrecke (Locusta migratoria) in Europa verkauft werden: gefroren oder getrocknet (jeweils ohne Flügel und Beine) oder auch gemahlen. Als Zutat kann sie etwa in Kartoffelprodukten, Nudeln, Suppen, Salaten, Schokolade, Frühstückscerealien, Back- oder Wurstwaren verwendet werden.


Das Heimchen …

… kann ebenfalls seit 2021 hierzulande verkauft werden: Im Ganzen, gefroren oder gefriergetrocknet wie auch vermahlen zu Pulver gibt es die Hausgrille (Acheta domesticus). Neu hinzugekommen ist im Januar 2023 die Zulassung des teils entfetteten Pulvers. Es ist jetzt möglich, unter anderem Backwaren, Soßen, Schokoladen und Getränke mit ganzen oder vermahlenen Heimchen in Europa anzubieten.


Der Buffalowurm …

… ist seit Anfang 2023 neu in der EU-Lebensmittel-Palette. Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus) können demnach gefroren, als Paste, getrocknet und in Pulverform in Lebensmitteln (z. B. Brot, Nudeln oder als Zutat zu Molkenpulvern und Chips) verarbeitet werden.

Anno dazumal: Mutprobe und Maikäfersuppe

Fazit: Natürlich steigt laut Folke Dam­mann nach einer neuen EU-Zulassung kurzfristig das Interesse, sowohl bei Endkunden als auch in der Gastronomie. Aber eine Zunahme speziell durch die EU-Zulassungen sei dennoch kaum erkennbar. Das liege auch daran, dass in Deutschland schon vor den einheitlichen EU-Zulassungen eine kontrollierte Vermarktung von Speise-Insekten möglich war. So war nach Dammanns Beobachtungen die Wahrnehmung vor zehn Jahren schon eine andere als heutzutage. „Früher wurde das Thema eher als reine Mutprobe angesehen und auch so überwiegend in der Gastronomie angeboten. Mittlerweile sind wohl eher der Nachhaltigkeitsfaktor sowie die guten Nährwerte der Insekten als Hintergrund bzw. Vermarktungsbotschaft entscheidend.“ Apropos früher: Getreu dem Motto „alles schon mal da gewesen“ wurde als eines der wenigen in Europa verbreiteten Insektengerichte bis Mitte des 20. Jahr­hunderts vor allem in Deutschland und Frankreich Maikäfersuppe zubereitet, deren Geschmack an Krebssuppe erinnert habe. Dafür wurden Maikäfer ohne Flügel und Beine oder Engerlinge in Butter angeröstet und in Kalbfleisch- oder Hühnerbrühe gegart. Pro Portion wurden etwa 30 Maikäfer benötigt, kann man auf Wikipedia nachlesen. Noch schlimmer: Im 19. Jahrhundert habe man, speziell Studenten, nach Abreißen der Beine die Krabbeltierchen auch roh gegessen. Und sie waren in vielen Konditoreien überzuckert bzw. kandiert zu haben. Warum diese Käfer-Köstlichkeiten heute nicht mehr angeboten werden? Ganz einfach: Es gibt, wie schon Liedermacher Reinhard Mey anno 1974 feststellte, keine Maikäfer mehr ...

„Die Welt ist reif für Insekten auf dem Teller!“

Das meinen die Gründer von „MikroKosmos. The Restaurant“, Nicol Sartirani und Diego Castro ...

Das Restaurant MikroKosmos in Berlin-Kreuzberg konzentriert sich auf das Universum der Insekten – mit dem Ziel, die damit verbundene Kluft aus Ekel und Angst zu überwinden. „Wir versuchen, die Neugier der Verbraucher auf essbare Insekten zu wecken und über ihren Nähr- und Umweltwert zu informieren“, verkünden Nicol Sartirani – sie stammt aus Norditalien – und Chefkoch Diego Castro aus Peru, die das Insektenlokal Ende 2022 gegründet haben. Was sie zu sagen haben.

Nicol Sartirani
Foto: The Restaurant/ Helen Hecker

Seit wann und in welchem Umfang haben Sie Insekten auf der Speisekarte? 
Nicol Sartirani: Insekten stehen seit der Eröffnung des Restaurants im Dezember 2022 auf unserer Karte. Sie sind wesentlicher Bestandteil unseres Konzepts,  das als erstes Restaurant in Deutschland essbare Insekten im täglichen Menü bietet. Dennoch sind wir kein reines Insektenrestaurant. Die Idee ist, ein Speiseangebot zu schaffen, das Meilensteine im Bereich „Future Food“ setzt. Wir verstehen darunter eine Küche, die hilft, unsere Umwelt zu schützen. Dazu gehören auch Insekten. Künftig wird es mehr und mehr um die Effizienz von Produkten gehen. Und effizient wird ein Produkt, wenn es Treibhausgasemissionen und CO2 reduziert. Daher verwenden wir vor allem saisonale und biologische Produkte von lokalen Landwirten. Zudem besteht unsere Speisekarte zu 80 Prozent aus veganen und vegetarischen Gerichten.

Diego Castro
Foto: The Restaurant/ Helen Hecker

Zwei, drei Beispiele aus Ihrem Angebot?
Diego Castro: Wir verwenden Insekten als Mehl verarbeitet, etwa im hausgemachten Focaccia, oder karamellisiert in Desserts, wie in der Tarte Tatin. Aber auch als Topping für unser peruanisches Blumenkohl-Ceviche mit Sesam und Granatapfel oder für die ganz Mutigen als „Fritto Misto“ mit hausgemachtem Dip.

Warum haben Sie solche Speisen mit aufgenommen?
Nicol Sartirani: Insekten sind eine echte Alternative zum herkömmlichen Fleischkonsum. Nicht nur in Bezug auf ihren Proteingehalt, sondern auch als wertvolle Quelle für Mineralstoffe, Vitamine und jegliche Omega-Fettsäuren. Das Projekt MikroKosmos gibt es seit 2017 und hatte von Beginn an das Ziel, immer mehr Menschen davon zu überzeugen, dass essbare Insekten eine echte Alternative sein können. Das haben wir anfangs vor allem mit Caterings bei Events, Pop-up Restaurants, einem Stand in der Markthalle und auf Street Food Märkten gemacht. Jetzt zeigen wir, dass Insekten auch in der Haute Cuisine funktionieren. 

Wie ist die Resonanz? Welcher Personenkreis bestellt besonders häufig?  
Diego Castro: Nach anfänglicher Überwindung und oft anerzogenem Ekel, den fast alle Gäste haben, ist die große Mehrzahl fast immer positiv überrascht, wie gut Insekten schmecken. Die meisten kommen mit sehr geringen Erwartungen und entdecken dann, dass alle Gerichte nicht nur aus leckeren, sondern interessanten Zutaten und Geschmackskombinationen bestehen. Die meisten schätzen vor allem die Knusprigkeit und den angenehm nussigen Geschmack von Insekten. Unsere wichtigste Zielgruppe sind vor allem Menschen, die sich für nachhaltige und neuartige Ernährungsformen interessieren.   

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