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Was die Thomas Cook-Pleite für Pauschalreisen bedeutet

Ein Fluggast geht auf ein Flugzeug zu
Experten prognostizieren: Die Pauschalreise ist trotz Thomas Cook-Desaster nach wie vor die sicherste Art des Verreisens. (© Gerhard Seybert/stock.adobe.com)
Jahrelang war die Pauschalreise als Rundum-Sorglos-Paket beliebt. Dann meldete Thomas Cook im September 2019 Insolvenz an. Was bedeutet dies für das Image der klassischen Pauschalreise?
Freitag, 03.01.2020, 09:00 Uhr, Autor: Thomas Hack

Auch die deutsche Thomas Cook mit der bekannten Marke Neckermann musste nach dem Insolvenz-Desaster im September 2019 alle Reisen absagen. Rund 500.000 Kunden, die ihren Urlaub schon ganz oder zum Teil bezahlt hatten, mussten davon ausgehen, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Zwar hat der Bund im Dezember 2019 angekündigt, finanziell einzuspringen, doch welcher Zukunft sieht die klassische entgegen Pauschalreise?

Branche glaubt nicht an Imageverlust

Die Reisebranche bemühte sich schnell, den Imageschaden gering zu halten. Der Ruf der Pauschalreise habe gar nicht gelitten, erklärte Tui-Deutschland-Chef Marek Andryszak. Und der Zentraleuropa-Chef von DER Touristik, Ingo Burmester, sagte: „Die Pauschalreise als Bündel von Leistungen ist sicherer als jede andere Reiseform.“ Nur wie konnte es dann überhaupt sein, dass so vielen Urlaubern ein finanzieller Verlust drohte? Bekommt nicht jeder Pauschalreisende bei der Buchung einen Sicherungsschein ausgehändigt, als Beleg für die Absicherung des angezahlten Geldes? Ja, das schon. Doch bei der Thomas-Cook-Pleite rächte sich ein Versäumnis der Bundesregierung.

Wie die finanzielle Brandmauer versagte

Die Insolvenzabsicherung für Reiseveranstalter ist in Deutschland auf 110 Millionen Euro begrenzt. Bei Thomas Cook reicht diese Summe bei weitem nicht aus. Nun wird der Staat die Differenz übernehmen – und damit der Steuerzahler. Geschädigte Urlauber bekommen also wohl doch ihr Geld zurück. Allerdings hat das System damit erstmal versagt. In der Branche gilt die Cook-Pleite als bedauerlicher Sonderfall. Es gibt in der Tat nur sechs andere Großveranstalter mit Umsätzen, bei denen die bisherige Deckelung im Ernstfall nicht ausreichen würde. Und für die wird die Insolvenzabsicherung derzeit überarbeitet.

„Die Pauschalreise ist nach wie vor sicher“

„Ich glaube nicht, dass das Image der Pauschalreise maßgeblich beschädigt ist“, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. Die Kundengeldabsicherung sei nur eines der Leistungsmerkmale – und für viele Urlauber zwar wichtig, aber nicht unbedingt ausschlaggebend bei der Wahl der Reiseform, sagt Fiebig: „Die Pauschalreise wird gebucht, weil jemand alles organisiert.“ Und weil es einen Helfer gibt, wenn unterwegs mal etwas schief geht. Die Pauschalreise sei noch nie ein Rundum-Sorglos-Paket gewesen, sagt der Reiserechtsexperte Paul Degott aus Hannover. Er kennt die Streitfälle vor Gericht, bei denen es zum Beispiel um Baulärm im Hotel, schmutzige Zimmer und Änderungen des Reiseprogramms geht. Doch der Anwalt sagt auch: „Die Pauschalreise ist nach wie vor sicher.“

Weitreichende Rechte gegenüber Individualreisen

Im Vergleich zur individuellen Buchung zum Beispiel von Flug und Hotel genießt der Reisende beim Pauschalurlaub weitreichende Rechte. Geht zum Beispiel die Fluggesellschaft pleite, muss der Veranstalter eine alternative Reisemöglichkeit organisieren – ohne Mehrkosten für den Gast. Das war zum Beispiel bei der Insolvenz von Air Berlin der Fall, als zig Tausende Passagiere plötzlich festsaßen. Wer nicht pauschal gebucht hatte, dessen Geld für das Flugticket war verloren. Bei einem Erdbeben, Tsunami oder Terroranschlag bringt der Veranstalter seine Gäste zudem auf eigene Rechnung nach Deutschland zurück – und chartert im Zweifel dafür sogar eigene Flugzeuge.

Geld zurück bei Reisemängeln

Wenn eine versprochene Leistung nicht erbracht wird, also das Hotel zum Beispiel unerwartet doch keine Pools oder Kinderbetreuung hat, kann der Urlauber sich beschweren – und nachträglich den Reisepreis mindern. „Dass ich Reisemängel geltend machen kann, das gibt es nur bei der Pauschalreise“, betont Degott. „Ich habe vor Ort jemanden, der verantwortlich ist.“ Ansprechpartner für den Gast ist stets der Veranstalter mit einem Reiseleiter am Urlaubsort. Individualreisende müssen sich dagegen selbst mit der Airline oder Unterkunft auseinandersetzen. Das ist rechtlich meist schwierig. Degott nennt ein Beispiel: „Auf Sardinien kann ich bei Ärger wohl kaum den Hotelier verklagen.“ Ein deutscher Veranstalter dagegen hafte vor deutschen Gerichten, „das ist ein ganz großer Vorteil.“ (dpa-tmn/TH)

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