Neues Thomas Cook-Desaster: Alle Reisen für 2020 abgesagt
Jetzt ist es offiziell: Der Reiseveranstalter Thomas Cook hat alle Reisen für 2020 abgesagt – das gilt sowohl für bereits anteilig als auch voll bezahlte Reisen. Dies hänge mit insolvenzrechtlichen Gründen zusammen, wie Thomas Cook nun auf seiner Webseite mitteilte. Betroffene Kunden würden darüber proaktiv und schnellstmöglich von den Veranstaltern informiert – dazu zählen auch die Veranstaltermarken Thomas Cook Signature, Thomas Cook Signature Finest Selection, Neckermann Reisen, ÖGER TOURS, Bucher Reisen und Air Marin sowie für über die Schweizer Gesellschaft Thomas Cook International (TCI) gebuchte Leistungen. Kunden mit Sicherungsschein können ihre Ansprüche bei dem von der Zurich Insurance plc Niederlassung für Deutschland beauftragten Dienstleister KAERA www.kaera-ag.de anmelden.
Hintergrund ist, dass es im laufenden Investorenprozess für die deutsche Thomas Cook-Gruppe bislang kein belastbares Angebot für die Fortführung von Thomas Cook als Ganzes gibt oder für das Veranstaltergeschäft der Thomas Cook Touristik GmbH. Daher wird nun aus rechtlichen Gründen die Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs zum 1. Dezember 2019 vorbereitet. Gleichzeitig versuchen die Geschäftsleitung und vorläufigen Verwalter „unter Hochdruck noch bis zum Monatsende jede sich bietende Chance für den Erhalt des Traditionsunternehmens zu nutzen“, heißt es. Beispielsweise gäbe es für die Bucher Reisen & Öger Tours GmbH konkrete Angebote, dennoch könne die Durchführung der gebuchten Reisen nicht gewährleistet werden. Interesse an der Hotelmarke Sentido und der Reisebüro-Franchisemarke Holiday Land hat wiederum Konkurrent DER Touristik.
Reisen über Drittveranstalter nicht betroffen
Reisen von Drittveranstaltern, die über die Webseiten neckermann-reisen.de und urlaub.de oder in den Thomas Cook-Reisebüros gebucht wurden, sind von den Reiseabsagen nicht betroffen.
Stefanie Berk, Vorsitzende der Geschäftsführung der Thomas Cook GmbH, erklärte: „Es tut uns unendlich leid, dass wir nun auch unseren Kunden mit Abreise im neuen Jahr endgültig diese Nachricht überbringen müssen.“ – „Wir hoffen aber, unseren Kunden und Vertriebspartnern damit die notwendige Planungssicherheit geben zu können. Wir danken für die Geduld, die vor allem unsere Partner in den Reisebüros und Hotels in den letzten so unsicheren Wochen mit uns hatten, und bitten sie und natürlich auch unsere Kunden noch einmal von Herzen um Entschuldigung.“
Rund 1000 Schadenmeldungen pro Tag
Die von der Insolvenz betroffenen Feriengäste sollen von Dezember an entschädigt werden. Dann soll voraussichtlich auch die genaue Höhe der Entschädigung feststehen, wie ein Sprecher des Versicherers Zurich Deutschland sagte. Klar ist bereits, dass die versicherte Summe bei weitem nicht ausreicht, und dass Geschädigte nur einen Teil ihrer Auslagen zurückbekommen. Die deutsche Thomas Cook war nur bis 110 Millionen Euro versichert. Nach Angaben des Versicherers sind bis 1. November bereits etwa 150 000 Schadenmeldungen eingegangen im Volumen von mehr als 250 Millionen Euro. Hinzu kämen die Kosten für die Rückholung von Urlaubern, die zum Zeitpunkt der Insolvenz mit der deutschen Thomas Cook unterwegs waren.
Täglich gehen nach Angaben des Sprechers etwa 1000 Schadenmeldungen ein. „Mit der heute bekanntgegebenen Entscheidung von Thomas Cook erwarten wir nun auch die Meldung von Schadenersatzansprüchen für Reisen, die im kommenden Jahr hätten stattfinden sollen. Diese wurden in der Regel noch nicht vollständig bezahlt, sondern nur angezahlt.“
Die Insolvenz hat auch eine politische Debatte um stärkere Sicherungsnetze ausgelöst, um Pauschalurlauber besser vor Kosten durch abgesagte Reisen zu schützen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) brachte jüngst die Idee eines neuen Auffangfonds für Insolvenzschäden ins Spiel.
Die deutsche Thomas Cook war in den Sog der Pleite der britischen Mutter geraten und hatte am 25. September Insolvenzantrag gestellt. Zuletzt hoffte das Unternehmen, mit den angestrebten Verkäufen gut die Hälfte der etwa 2100 Jobs in Deutschland sichern zu können. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind bis Ende November 2019 durch das Insolvenzgeld gesichert. (dpa/Thomas Cook/KP)