Reisebranche funkt SOS
Thüringens Reisebranche steht nach dem wochenlangen Stillstand durch die Corona-Pandemie nach Angaben eines Aktionsbündnisses wirtschaftlich am Abgrund. Bei einer Protestaktion in Erfurt legten Mitarbeiter von Reisebüros symbolisch die Buchstaben „SOS“ mit Katalogen auf dem Domplatz aus. „Ohne Urlaub keine Arbeit“, stand auf einem kleinen Transparent auf einem Koffer zu lesen. Und die Aufschrift auf einem Reisebus lautete: „Unsere Zukunft lag in der Ferne, in der Nähe liegt unser Bankrott“.
Unterstützungsmaßnahmen reichen nicht aus
Verlangt wurden schnelle Hilfen von Bund und Land für die in Not geratenen Reisebüros, Reisebusunternehmen und Tourismusanbieter. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verwies auf weitere Finanzhilfen des Landes im Corona-Paket, das Landtag beraten wird. Es gehe um Soforthilfen, aber auch den Ersatz von entgangenem Umsatz, erklärte Sebastian Enders als Sprecher des Aktionsbündnisses „Rettet die Reisebranche“. Die bisherige staatlich Unterstützung reiche bei weitem nicht aus. Zudem müssten pro Bus 300 Euro an Kosten für jeden Tag des Fahrverbotes vom Staat fließen. Die Kosten, um einen Reisebus vorzuhalten, lägen bei etwa 5000 Euro pro Monat.
Täglich mehr Insolvenzen
Nach Angaben des Bündnisses, das mit Koffern, aber auch fast zwei Dutzend Bussen in Erfurt demonstrierte, haben bereits eine Reihe von Reisebüros und Veranstalter in Thüringen Insolvenz angemeldet. „Und es werden täglich mehr.“ Der Chef des mitteldeutschen Omnibusverbandes, Mario König, sagte nach Verbandsangaben: „Wie sollen wir mit den mageren Hilfen überleben, wenn wir schon heute wissen, dass die Branche noch Monate, wenn nicht gar Jahre unter den Einschränkungen leben muss?“
„Überbrückungshilfen auf Bundesebene!“
Die Landesregierung plane als Teil des Corona-Hilfspakets weitere Unterstützungen für das Gastgewerbe und die Reisebranche – einschließlich Reisebüros und Reiseanbieter, sagte Tiefensee. Dafür seien mehr als 65 Millionen Euro vorgesehen. Die Modalitäten der Unterstützung würden zwischen den Koalitionspartnern Linke, SPD und Grüne sowie der CDU verhandelt. „Unabhängig davon bin ich der Meinung, dass es auch auf Bundesebene weitere wirkungsvolle Überbrückungshilfen geben muss.“ Der tourismuspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Andreas Bühl, rechnet damit, dass die Reisebranche wahrscheinlich mit Abstand am längsten von der Krise betroffen sein wird. Er bekräftigte einen Vorschlag seiner Fraktion: „Wir wollen den Unternehmen für drei Monate eine Umsatzausfallzahlung von 50 Prozent aus dem Vergleichszeitraum des Vorjahres erstatten. Damit helfen wir zielgenauer als mit pauschalen Soforthilfen.“ (lth/TH)