Hohes Image, hohe Preise

„Made in Switzerland“ zieht noch immer

Panorama von St. Moritz
Das touristische Image der Schweiz im Ausland ist nach wie vor von luxuriösen Urlaubsorten wie St. Moritz geprägt. (© Filip Zuan)
Schokolade, Käse und Uhren – das können die Schweizer! So zumindest ein gängiges Vorurteil. Doch die Eidgenossen können mehr. Wo liegen die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile gegenüber der EU?
Mittwoch, 26.09.2018, 10:19 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Dass sie Schweiz für Ausländer immer schon ein teures Pflaster war, ist kein Geheimnis. Wer zum Skifahren nach Gstaad, St. Moritz oder Zermatt reiste, war finanziell schon auf der Sonnenseite des Lebens angekommen. Umgekehrt ging der Arlberg für preisbewusste Schweizer jederzeit als Schnäppchendestination durch. Spätestens seit der Abkopplung des Schweizer Frankens an den Euro vor ein paar Jahren und einem zeitweiligen Umrechnungskurs von annähernd 1:1 standen aber zahlreiche Schweizer Betriebe in der Export- und Tourismusindustrie plötzlich vor zusätzlichen Problemen. Dass der Kurs seit einiger Zeit wieder bei etwa 1:1,15 liegt, brachte nur leichte Linderung.

(Alb)Traumgagen
Ein weiterer Grund für das Preisniveau in der Schweiz sind die hohen Gehälter. Wenn eine Gastronomiefachkraft in der Schweiz 3.700 Franken Mindestlohn erhält, erscheinen die Preise, die man in der Schweiz für einen Kaffee oder ein Bier bezahlt, plötzlich in einem anderen Licht.

Doch die Schweiz lebt nach wie vor von einem weltweit einzigartigen Image, das für Wertstabilität und Qualität steht. Wer ein Produkt „made in Switzerland“ kauft, setzt auf Langlebigkeit und Qualität – oder will zumindest nach außen hin demonstrieren, dass er sich das Beste leisten kann. Vor allem auf asiatischen Märkten ein nicht unwesentlicher Trend. Gerade die einheimische Bevölkerung in der Schweiz hält aber nach wie vor den eigenen Produkten oft die Treue. Die Geiz-ist-geil-Mentalität hat in der Schweiz noch nicht im gleichen Maß um sich gegriffen wie in vielen EU-Staaten.

Qualität wird noch immer bezahlt
Nationalstolz ist bei Herstellern wie Konsumenten jedenfalls noch stark vorhanden. „Wir sind eine Schweizer Firma und stolz auf unsere Herkunft“, erklärt etwa Markus Glatz, CEO des Sonnenschirmherstellers Glatz aus Frauenfeld, etwa 40 km nordöstlich von Zürich. 70 Prozent beträgt hier die Exportquote, vor allem nach Deutschland, Österreich, Frankreich sowie in die Benelux-Staaten. Und nach Glatz‘ Erfahrung ist „made in Switzerland“ noch immer ein Verkaufsargument – wenn auch mit Einschränkungen: „Der Kunde ist nur noch dann bereit auch Swiss-made zu bezahlen, wenn der Sonnenschirm ein sehr hochwertiges, exklusives oder sehr individuelles Markenprodukt ist. Bei Standardschirmen lässt sich dieser Aufpreis für ein international tätiges Unternehmen nicht mehr verkaufen. Da mussten auch wir der Globalisierung Tribut zollen.

Aber auch dann wertschätzt der Kunde, wenn unsere Markenprodukte in der Schweiz entwickelt und Qualität sowie Produktion von uns, nach Schweizer Qualitätsstandards geprüft werden. Ein gewisses Umdenken bemerkt Glatz allerdings auch schon bei den eigenen Landsleuten: „Sie legen nach wie vor großen Wert auf Schweizer Qualität, aber nicht alle sind bereit auch den entsprechenden Preis dafür zu zahlen. Am liebsten hätten sie Schweizer Qualität zu Chinesischen Preisen und Dienstleistungen sollten wenn möglich überhaupt kostenlos sein.“

Der hohe Frankenkurs war für Glatz zwar anfangs eine Herausforderung, inzwischen haben die dadurch notwenigen Strukturverbesserungen aber gegriffen. „Der tiefe Euro der letzten Jahre hat uns zwar viel Anstrengung und Marge gekostet. Auf der anderen Seite sind wir durch die notwendig gewordenen Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen heute fit wie noch nie“, so Glatz.

Blühende Exporte
Wenig mit einer Exportschwäche zu kämpfen hat auch der Kaffeemaschinenhersteller Jura, der seit seiner Gründung 1931 seinen Sitz in Niederbuchsiten hat, rund 70 km westlich von Zürich. „In unseren größten Märkten, Deutschland und den USA, liegt das Wachstum im zweistelligen Prozentbereich“, erläutert General Manager Emanuel Probst. Starkes Wachstum stammt auch aus dem asiatischen Raum, aus Polen, den Niederlanden und Frankreich.

Auch bei Jura ist man stolz darauf, ein 100 Prozent Schweizer Produkt anbieten zu können. „Innovationsgeist, Qualitätsdenken, Präzision, Ingenieurswesen, Designkompetenz, Erfahrung und ein ausgeprägtes Servicebewusstsein fließen in unsere Arbeit ein. Diese Werte finden sich in unseren Produkten wieder. Und für diese Schweizer Werte schätzt man sowohl Jura als auch unsere Produktpalette“, zeigt sich Jura-Pressesprecherin Michèle Ackermann überzeugt. Aber auch sie weiß natürlich, dass „Swissness“ hohe Erwartungen weckt, die Jura mit seinen Produkten und Dienstleistungen nicht nur erfüllen muss, sondern versuchen möchte zu übertreffen. (CK)

Lesen Sie morgen ein Interview mit Henrique Schneider, dem stv. Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, über die Vorteile und Probleme der Schweizer Wirtschaft aus seiner Sicht.

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