Muslime auf Reisen

„Halal Travel“ stark im Kommen

2 moslemische Frauen mit jeder Menge Shoppingbags vor einem Auto
Shopping ist unter muslimischen Reisenden der beliebteste Zeitvertreib – deutlich wichtiger als Sightseeing oder gutes Essen, wie bei der Mehrzahl anderer Touristen. (© fotolia.com/New Africa)
Bei Auslandsreisen von Muslimen verzeichnet man in den letzten zehn Jahren hohe Zuwachsraten. Städtereisen und Shopping sind besonders beliebt, der Urlaub muss allerdings religiös konform sein.
Freitag, 23.11.2018, 10:51 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Muslime sind die am stärksten zunehmende religiöse Gruppe weltweit und werden bis zum Jahr 2030 geschätzt ein Viertel der Weltbevölkerung ausmachen. Darüber hinaus wächst in einigen der muslimisch dominierten Märkte die Mittelschicht mit zunehmender Kaufkraft und neuem Konsum-Verhalten. Eine Konsequenz davon ist der Anstieg internationaler Reisen von Muslimen. Um das Reiseverhalten der Zielgruppe genauer analysieren zu können, hat die ITB Berlin das Marktforschungsinstitut IPK International damit beauftragt, im Rahmen seines World Travel Monitors® eine entsprechende Sonderauswertung zu erstellen. Denn: Die Art zu reisen stellt sich bei Muslimen in einigen Aspekten völlig anders dar als bei anderen Gruppen. Städtereisen sind zum Beispiel beliebter als Strandurlaub und Shopping wichtiger als der Besuch von Museen. Zudem setzen Kunden verstärkt Rücksichtnahme auf ihre religiösen Bräuche voraus. Ein touristisches Angebot, das sich an ihren Bedürfnissen orientiert, ist gleichermaßen Herausforderung und Chance für die Reiseindustrie.

Spezifische Aspekte von Halal Travel
Der Unterschied zu anderen Reisenden liege unter anderem an spezifischen Werten, die unter Muslimen viel stärker geteilt werden als in anderen Religionen – und das unabhängig von ihrer Nationalität, erklärt Fazal Bahardeen, Geschäftsführer von CrescentRating, dem weltweit führenden Experten für Halal Reisen. Während viele mit „Halal“ lediglich die Art der Essenszubereitung verbinden, bezeichnet der Begriff tatsächlich alles, was mit dem traditionellen islamischen Recht konform ist. Für die Reiseindustrie bedeutet dies, dass sie sich den spezifischen glaubensbasierten Bedürfnissen von muslimischen Reisenden anpassen sollte. Das beinhaltet sowohl die Essenszubereitung nach Halal-Standard sowie entsprechende Essenszeiten während des Ramadan, als auch Gebetsmöglichkeiten in Unterkünften, separate Schwimmbecken für Männer und Frauen und besondere Unterhaltungsangebote für Muslime.

Die derzeit interessantesten Quellmärkte für Auslandsreisen durch Muslime sind Indonesien, Indien, Türkei, Malaysia sowie die arabischen Länder. Verglichen mit dem Rest der Welt verzeichneten Märkte mit einer vorwiegend islamisch geprägten Bevölkerung in den vergangenen fünf Jahren Wachstumsraten, die mehr als 40 Prozent höher waren. Für die kommenden Jahre werden ebenfalls starke Zuwächse prognostiziert. Das Segment Halal Travel stellt daher eine enorme Wachstumschance für Destinationen weltweit dar.

Städtereisen und Verwandtenbesuche
Im internationalen Reisemarkt bilden Städtereisen zusammen mit Strandurlauben die wichtigsten Reisearten. Für internationale Reisen von Muslimen präsentiert sich das Bild jedoch anders: Mit einem Anteil von mehr als einem Drittel stehen Städtetrips an vorderster Stelle. Auf dem zweiten Rang folgen Rundreisen, und erst dahinter Strandurlaube – jedoch nur mit einem Marktanteil von etwa der Hälfte im Vergleich zum Gesamtmarkt.

Insgesamt hat Urlaub unter den islamischen Auslandsreisenden einen geringeren Stellenwert als bei anderen internationalen Reisenden. Geschäftsreisen und Besuche von Freunden und Verwandten sowie andere Freizeitreisen stellen hingegen einen höheren Anteil dar. Insbesondere religiöse Reisen und Pilgerfahrten spielen mit einem Marktanteil von fast zehn Prozent aller Auslandsreisen eine viel wichtigere Rolle im Vergleich zum Gesamtmarkt, wo der Anteil bei gerade mal einem Prozent liegt.

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