Hotel

Trends und Herausforderungen der Hotellerie

Martin Schaffer, Managing Partner mrp Hotels
„Dank der Unterstützung von Elevatr haben wir die Möglichkeit, einen tiefen Einblick in die aktuelle Entwicklung der Hotel(immobilien)-Branche zu erhalten. Gemeinsam mit unseren Interviewpartnern haben wir den Puls der Branche gespürt und spannende Erkenntnisse gewonnen. Wir freuen uns, diese Ergebnisse nun vorzustellen", so Martin Schaffer, Managing Partner mrp Hotels. (Foto: © mrp Hotels)
Im Sommer 2024 wurde eine Befragung unter Hotelbetreibern und Investoren durchgeführt – die Themen im Fokus waren ESG, Human Resources, Finanzierung und Hotelprojektentwicklung. Die Auswertung zeigt, dass die Branche vor spannenden Entwicklungen steht.
Montag, 07.10.2024, 09:39 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Mrp Hotels und Elevatr haben exklusive Umfrageergebnisse zu den aktuellen Topthemen in der Hotellerie 2024 veröffentlicht. 

Die Kernfragen waren dabei:

  • Wie soll die Zusammenarbeit zwischen Eigentümern und Betreibern in puncto ESG aussehen?
  • Wie sieht strategisches HR-Management aus?
  • Wer wird Hotelprojekte künftig finanzieren und wird tatsächlich „fresh money“ auf den Markt kommen?
  • Welche Akteure werden die größten Gewinner sein? 
  • Was sind die Schlüsselerkenntnisse und Prognosen aus den Experten-Interviews?

Kernthema ESG

Für die befragten Experten ist klar, dass sich das Thema ESG (Environmental, Social, Governance) zu einem unverzichtbaren Faktor in der Hotelbranche entwickelt hat, insbesondere in Bezug auf Investitionsentscheidungen in Immobilien, den Hotelbetrieb und alle Unternehmen im Umfeld von Hotels. Investoren, Fonds und Banken fordern zunehmend die Einbeziehung von ESG-Maßnahmen in die Grundvoraussetzungen für Investitionen.

Insbesondere im Bereich der Betreiberimmobilien wird deutlich, dass Betreiber frühzeitig in die Konzeption eingebunden werden müssen, um ihre ESG-Standards effizient umsetzen zu können.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Zertifizierungen, die sowohl auf Betreiber- als auch auf Immobilienseite existieren. Immobilienseitige Zertifikate, wie beispielsweise Breem, Leed, DGNB, müssen zukünftig mit Betreiberzertifiakten zusammengeführt und aufeinander abgestimmt werden.

Finanzierung ist großes Thema

Als zentrale Herausforderung stellt sich dabei häufig die Finanzierung von ESG-Maßnahmen dar. Erhöhte Baukosten durch ESG-Maßnahmen dürfen grundsätzlich nicht im Widerspruch zu den Gewinnzielen der Entwickler oder Eigentümer stehen, was jedoch in der aktuellen Praxis teilweise der Fall ist. Sollten notwendige ESG-Maßnahmen zu höheren Investitionskosten führen, müssen diese zwangsläufig auf den Betreiber übertragen werden, da Investoren in der Regel nicht bereit sind, auf Potenziale bei Pachteinnahmen zu verzichten.

Hannibal DuMont Schütte und Dr. Robert Grüschow im Rahmen der Expertenbefragung: „Weitere betreiberseitige ESG-Maßnahmen bedürfen ebenfalls ökonomischer Vorteile (beispielsweise Nachfrage- und/oder Ratensteigerungen oder Kosteneinsparungen), da sie fast immer die Immobilie betreffen und höhere Baukosten über die Eigentümer 1:1 auf die Betreiber umgelegt werden (müssen).“

… und weiter: „Insofern sind die wesentlichen Maßnahmen (zum Beispiel gebäudespezifische Maßnahmen wie Anpassung der Heizungsanlage, Ergänzung von Photovoltaikanlagen) nur gemeinschaftlich von Eigentümern und Betreibern, beziehungsweise von Projektentwickler, Endinvestor und Betreiber umzusetzen. Ein enger Austausch ist unabdingbar und die ökonomischen Vorteile und auch gesellschaftlichen Nachteile müssen für alle Parteien transparent sein. Es muss ein stärkeres Miteinander geben."

Bestandsimmobilien erweisen sich häufig als problematischer als Neubauprojekte (Greenfield Developments), da die Umsetzung von ESG-Anforderungen in bestehenden Objekten in der Regel mit deutlich höheren Kosten verbunden ist.

Herausforderungen bleiben

Auch im operativen Bereich wurde bereits viel erreicht. Nach der Umsetzung von „Low Hanging Fruits“ wie dem Verzicht auf Einweggeschirr oder dem Austausch von Glühbirnen, stehen nun größere Herausforderungen an, wie etwa die Umsetzung von CO2-neutralen Maßnahmen und die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben. 

Nach der Bewertung der Experten ist von großen Marken im Hinblick auf ESG kein wesentlicher Beitrag zu erwarten. Da diese ESG-Initiativen global umsetzen müssten, gestaltet sich die globale Vereinheitlichung schwierig. Zudem zeigen sie wenig Interesse daran, entsprechende Vorgaben verbindlich (vertraglich) festzulegen. Infolgedessen liegt die Verantwortung für die Umsetzung von ESG-Maßnahmen bei den Whitelabel-Pächtern selbst, da von den Hotel-Franchisegebern nur unzureichend konkrete Handlungsempfehlungen bereitgestellt werden.

Thema Human Resources

Der Arbeitskräftemangel und die zunehmende Bedeutung einer ausgeglichenen Work-Life-Balance prägen das aktuelle HR-Management in der Hotelbranche. Die Pandemie hat den ohnehin schon bestehenden Mangel an Arbeitskräften in der Branche weiter verschärft. Der Rückgang der Anzahl an Auszubildenden lässt sich maßgeblich auf das teilweise negative Image der Branche zurückführen.

In der Hotellerie sind aktuell zwei parallel verlaufende Entwicklungen zu beobachten: Einerseits setzen viele Hotelbetreibergesellschaften und Marken verstärkt auf gezielte Employer-Branding-Strategien, und parallel dazu kommen immer mehr mitarbeiterarme Konzepte auf den Markt.

Work-Life-Balance nicht unterschätzen

„Immer wichtiger! Die Arbeitnehmer von heute haben zurecht ein Anrecht und einen Anspruch auf eine sinnvolle Work-Life-Balance und möchten sinnvoll geschult und gefördert werden“, so Jens Sroka, Heimathafen Hotels.

Die Ruby Hotels haben beispielsweise eine 35-Stunden-Woche eingeführt und betonen die Bedeutung der Work-Life-Balance für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Gleichzeitig bleibt ein marktgerechtes Gehalt ein zentraler Faktor für die Mitarbeiterbindung, unabhängig von der Generation.

Gegenläufig zu den verstärkten Bewerbungen von Mitarbeitenden sind die Herausforderungen im Personalbereich durch die Einführung von Personalreduzierungskonzepten und die verstärkte Digitalisierung von Prozessen. Im Fokus stehen dabei sowohl die Entwicklung innovativer F&B-Konzepte als auch die wachsenden Anforderungen an die digitale Transformation, um betriebliche Effizienz zu steigern und den Personalbedarf zu senken.

Digitalisierung ist wichtig

Digitale Lösungen wie der automatisierte Check-in, ortsungebundener Gäste-Support und der Einsatz von Robotern im Back-of-House-Bereich (zum Beispiel Küche, Geschirrverarbeitung, Reinigung) tragen maßgeblich zur Optimierung von Arbeitsabläufen bei. Die Digitalisierung bietet nicht nur Effizienzsteigerungen, sondern auch die Möglichkeit, die Guest Experience zu verbessern, indem sich Mitarbeitende stärker auf den direkten Gästekontakt fokussieren können.

„Wir haben ‚Future Skills‘ definiert, auf die hin wir bestehende Kollegen schulen, zukünftige Kandidaten auswählen und die wir als Employer natürlich auch im Fokus haben müssen“, Erik Florvaag, The Chocolate on the Pillow Group.

Eine Schlüsselfrage im strategischen HR-Management ist, wie Unternehmen die digitale Kompetenz ihrer Belegschaft weiterentwickeln können. Unternehmen wie The Chocolate on the Pillow Group haben sogenannte „Future Skills“ definiert, die entscheidend für den langfristigen Erfolg in einer digitalisierten Welt sind. Hierzu gehören unter anderem digitale Kompetenz, Kundenorientierung und interkulturelle Kompetenz.

„Dennoch bringt die Generation Z als Digital Natives spezifische Stärken mit, die besonders in Zeiten der Digitalisierung von Vorteil sind. Ja, die Gen Z ist ‚Hotellerie-tauglich‘, aber die Branche muss sich stärker als attraktive Option für Nachwuchstalente positionieren“, Hannibal DuMont Schütte, Stayery.

Der entscheidende Erfolgsfaktor für das Gelingen von Digitalisierungsprojekten ist die frühzeitige und umfassende Einbindung der Mitarbeitenden. Es gilt, die betroffenen Personen aktiv mitzunehmen, ihre Bedenken ernst zu nehmen und eventuelle Ängste im Umgang mit neuen Technologien abzubauen. Nur durch eine klare Kommunikation, Schulungsmaßnahmen und eine transparente Veränderungskultur lässt sich sicherstellen, dass die Transformation nicht nur technologisch, sondern auch auf menschlicher Ebene erfolgreich umgesetzt wird.

Betreiberprofitabilität und Finanzierung

Die Profitabilität von Hotelbetreibergesellschaften steht zunehmend unter Druck, da die operativen Kosten – insbesondere für Energie und Personal – stark gestiegen sind. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzen Betreiber auf die konsequente Optimierung ihrer Betriebskosten, die Entwicklung neuer Hotelkonzepte und die Investition in Technologie. Insbesondere lokale Partnerschaften und die bessere Nutzung vorhandener Flächen bieten Potenzial, um die Profitabilität pro Quadratmeter zu steigern.

Am Investmentmarkt bleibt die Lage herausfordernd, auch wenn es erste Anzeichen für Stabilität gibt. Das Zinsumfeld scheint sich zu stabilisieren, was Investoren in eine vorsichtig optimistische Haltung versetzt. Eigenkapitalstarke Investoren können derzeit von den Marktentwicklungen profitieren und nach Rückkehr der Finanzierungsbereitschaft der Banken von günstigeren Zinsen profitieren.

Das sagen die befragten Experten zu Betreiberprofitabilität und Finanzierung:

Dr. Peter Ebertz: „Die Finanzierungsbereitschaft für Hotelprojekte ist grundsätzlich nicht schlechter als für Büroimmobilien, zum Teil sogar besser.“

Felix Schiebel: „Gleichermaßen hat sich die Angebotsseite verfügbarer Fremdkapitalstrukturen heterogenisiert und die durch den Rückzug der Banken freigewordenen Marktanteile wurden durch alternative Finanzierungspartner aufgefüllt.“

Hannibal DuMont Schütte und Dr. Robert Grüschow: „Gleichzeitig müssen wir kreativ werden, um die Development Pipelines zu füllen, insbesondere durch Umnutzungen im Bestand. Diese Vorgehensweise ist auch unter ESG-Gesichtspunkten wertvoll, da sie den Bedarf an Neubauten reduziert und gleichzeitig bestehende Strukturen nachhaltig nutzt.“

Auf der Investorenseite profitieren Family Offices und Real Estate Private-Equity-Investoren, institutionelle Investoren haben derzeit das Nachsehen. Gleichzeitig gewinnen alternative Finanzierungspartner an Bedeutung, insbesondere in Projekten, die auf Umbauten oder Konversionen („Value Add“) setzen.

Renditen von Hotelverträgen halten mittlerweile einem Vergleich mit Büroimmobilien stand und bieten in vielen Fällen sogar zahlreiche Vorteile. Im Gegensatz zu den häufig auf drei bis fünf Jahre begrenzten Mietverträgen im Bürosegment zeichnen sich Hotelverträge durch ihre langfristige Laufzeit aus. Zudem erfolgt der Mieterausbau in der Regel einmalig. Hotels als operative Immobilien bieten darüber hinaus den Vorteil, dass die entsprechenden Verträge oft als Inflationsschutz (Inflationshedge) gelten, was sie für Investoren besonders attraktiv macht.

Veränderung des Tourismus

Während einige Experten auf das Wachstumspotenzial der Stadthotellerie hinweisen, vor allem in touristisch attraktiven Städten wie Hamburg oder B-Städten mit einem starken Mix aus Freizeit- und Geschäftstourismus wie Heidelberg und Nürnberg, sehen andere die Ferienhotellerie als den Bereich mit den größten Wachstumschancen. Städte, die sich durch eine Kombination aus starker touristischer Nachfrage und facettenreichem Geschäftstourismus auszeichnen, werden als die größten Gewinner dieser Entwicklungen angesehen.

„Meiner Meinung nach werden langfristig die Betreiber und Konzepte profitieren, die sich stark an den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Zielgruppe ausrichten und sich so klar in ihrem Konzept positionieren. ‚One size fits all‘ hat in der Vergangenheit nur dürftig funktioniert und wird es auch zukünftig nicht“, Isabell Fuss, Ruby Hotels.

Staycations gewinnen an Relevanz

Die Rolle der Geschäftsreisen verändert sich durch die Umstellung auf Remote Work seit 2020 deutlich. Zwar wird das Volumen von Geschäftsreisen langfristig vermutlich nicht das Vorkrisenniveau erreichen, doch bleibt der Geschäftsreisetourismus ein wichtiger Umsatztreiber.

Parallel dazu gewinnt der Trend zu Staycations an Bedeutung, bei dem Menschen ihre eigene Umgebung neu entdecken und bewusst auf Fernreisen verzichten, um ihre CO2-Bilanz zu verbessern.

„First-Party-Daten sind Gold wert! Hotels können Daten, die sie direkt von ihren Gästen erfassen, wie Buchungsinformationen, Präferenzen und Verhaltensmuster, nutzen, um personalisierte Erlebnisse und Angebote zu schaffen“, Erik Florvaag, The Chocolate on the Pillow Group.

Im operativen Betrieb von Hotels wird die Digitalisierung eine Schlüsselrolle spielen. Die Einführung digitaler Lösungen und die Reorganisation von Prozessen sind notwendig, um den Betrieb effizienter zu gestalten und den sich wandelnden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.

Ein weiterer Faktor für das künftige Wachstum ist die Konsolidierung in der Branche, die vor allem bei großen Hotelmarken zu erwarten ist. Während Limited-Service-Betriebe und Luxushotellerie auf hohem Niveau weiterhin gefragt sein werden, wird die Diversifikation und Marktkonsolidierung den Wettbewerb verstärken.

(mrp hotels/CHHI)

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