Hoffnung

Herausfordernde Zeiten im Gastgewerbe

Michael Heinzler
Michael Heinzler vom Hotel und Restaurant Heinzler am See wird die Preise in seinem Hotel um 2 Prozent erhöhen. (Foto: © picture alliance/dpa | Felix Kästle)
Erst die Corona-Pandemie, dann der Ukraine-Krieg und nun die Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie – das Gastgewerbe hat es derzeit nicht leicht. Doch es gibt Hoffnung ... 
Dienstag, 19.12.2023, 13:46 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Normalerweise ist Michael Heinzler ein sehr optimistischer Mensch. Doch das kommende Jahr besorgt den Hotelbesitzer aus Immenstaad am Bodensee. Der 51-Jährige wird die Preise in seinem Hotel von 16 auf 18 Prozent erhöhen. Die Inflation, gestiegene Betriebskosten und die Rückkehr in der Gastronomie zu einer Mehrwertsteuer von 19 statt 7 Prozent würden die Preise in die Höhe treiben.

Wie die Gäste auf die Preissteigerungen ab dem 1. Januar reagieren würden, könne er nicht sagen. „Die Situation gab es noch nie“, sagt Heinzler, der in seinem Haus mit 34 Zimmern und Suiten am Seeufer ein Angebot für große und kleinere Geldbeutel liefern will.

„Herausfordernde Zeiten“

So wie dem Hotelier am Bodensee geht es gerade vielen in Deutschland. „Es sind herausfordernde Zeiten“, sagt Tobias Warnecke, Geschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland. In der Pandemie habe die Branche in den Abgrund geschaut. Langsam sei es aufwärtsgegangen, doch dann sei der Ukraine-Krieg gekommen. „Wir sind von der einen Krise in die nächste gerutscht.“

Nach heftigen Einbrüchen 2020 und 2021 hinkt die Branche bei den Umsätzen noch immer dem Vor-Krisen-Niveau hinterher. Das Gastgewerbe insgesamt setzte im Oktober bereinigt um Preiserhöhungen 3,8 Prozent weniger um als im Vorjahresmonat, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom Dienstag zeigen. Im Vergleich zum Vor-Corona-Monat Oktober 2019 klafft sogar eine Umsatzlücke von 13,3 Prozent. Nimmt man nur Hotels und sonstige Beherbergungsunternehmen in den Blick, beträgt das Minus 7,5 Prozent.

Die Rentabilität in der Hotellerie sei schon immer relativ gering gewesen, sagt Warnecke. „Es blieb nie wirklich viel über.“

Stephanie Zarges-Vogel vom Hotelberatungsunternehmen Zarges von Freyberg sagt, es sei durchaus möglich, schwarze Zahlen zu schreiben. Aber man müsse sich daran gewöhnen, dass trotz gestiegener Umsätze beim Ergebnis nicht unbedingt viel mehr herauskommt. Die Marge habe sich wegen der deutlich gestiegenen Kosten deutlich nach unten verschoben.

„Noch nie so schwer planbar“

Die Hotellerie sei stark von Unsicherheit und schwerer Planbarkeit geprägt, sagt Zarges-Vogel. „Ich glaube, es war noch nie so schwer planbar.“ Schwierig hätten es künftig Hotels ohne klares Konzept und ohne starke Positionierung. Auch für Hotels im mittleren Bereich werde es schwierig. „Günstig und sehr teuer funktioniert, aber die Mitte ist schwierig darstellbar“, sagt Zarges-Vogel.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis sei in Deutschland schon immer sehr gut gewesen, heißt es vom Geschäftsführer des Hotelverbands. Es sei schon immer schwierig gewesen, angemessene Preise zu erzielen, weil Deutsche sehr preissensibel seien. Für sinkende Preise sehe er momentan keine Spielräume.

Beraterin Zarges-Vogel argumentiert: „Eine gewisse Leistung hat einfach ihren Preis.“ Es müsse im Bewusstsein der Gäste noch besser verankert werden, dass sie „nicht auf dem Ramschmarkt“ unterwegs sein könnten, wenn sie eine gewisse Leistung erwarteten. „Im Konsumgüterbereich ist das ganz selbstverständlich und bei Reisen, glaube ich, werden wir uns daran gewöhnen müssen.“

Individualität ist wichtig

Die Bedürfnisse der Gäste stiegen, und mit den höheren Preisen würden diese auch sensibler, sagt die Beraterin. Individualität sei deshalb ganz wichtig. Das beginne bei den kleinen Dingen am Frühstücksbuffet, etwa mit regionalen Produkten. Aber auch beim Design oder der Ausstattung des Hotels, indem man sich Dinge überlege, die der Gast nicht überall finde. Oder beim Service etwa mit einer persönlichen Atmosphäre. „So kann man Alleinstellungsmerkmale aufbauen, die Hotelketten niemals haben werden.“

Hotelier Heinzler profitiert von seiner Lage in der Tourismus- und Ferienregion Bodensee. Die Stadt- und Geschäftshotellerie leide stärker unter den Corona-Folgen als die Ferien-Hotellerie, sagt Verbandsgeschäftsführer Warnecke. Die touristische Nachfrage habe sehr viel schneller wieder angezogen.

Schwierige Nachfolgersuche

Ein weiteres Problem: Viele Hotelbesitzer sind laut Warnecke nicht mehr die Jüngsten und finden keinen Nachfolger. In die entstehende Lücke drängten Hotelketten. Wenn ein Platz frei werde, verdrängten diese die Privathotellerie. Hotelier Heinzler hofft hingegen, dass sein Familienbetrieb in vierter Generation von den eigenen Kindern übernommen wird.

Was die Suche nach einem Nachfolger erschwert: Hoteliers müssen sich laut Warnecke mit viel lästiger Bürokratie beschäftigen. Große Hotelgesellschaften hätten entsprechende Strukturen oder ganze Abteilungen, die alles regelten. Andererseits seien kleine Privathotels schneller und könnten viel besser auf neue Marktgegebenheiten reagieren.

Eine Prognose gibt Hoffnung

Heinzler blickt derweil auf den grauen Bodensee hinaus. Seine Stimmung sei nicht ganz so trüb. Er und viele seiner Kollegen seien aber verunsichert. Der Standort lasse ihn hoffen. „Der Bodensee hat sich in den letzten Jahren super entwickelt“, sagt er mit Blick auf die Übernachtungszahlen. Er wäre schon zufrieden, wenn er trotz der Preissteigerungen das Niveau halten könne.

Eine Prognose des Hotelverbands könnte ihm Hoffnung machen: Der Verband geht davon aus, im kommenden Jahr etwa die Gästezahlen und Umsätze von 2023 zu erreichen.

(dpa/SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Zwei Politiker im Bundestag
„umsatzsteuerliche Privilegien“
„umsatzsteuerliche Privilegien“

AfD fordert Erhöhung der Mehrwertsteuer für Hotellerie

Zugunsten der Familienförderung will die Partei den bis dato verringerten Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie abschaffen. Diese Maßnahme reiche zur Gegenfinanzierung.
Dr. Marcel Klinge
Gastwelt-Pakt
Gastwelt-Pakt

Denkfabrik fordert Schulterschluss der Gastwelt zur Bundestagswahl

Der Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl wird intensiv, aber auch kurz und von großen Krisenthemen geprägt sein – das befürchtet die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG). Sie fordert deshalb einen „Gastwelt-Pakt“, um mit einer gemeinsamen Strategie Branchenthemen erfolgreich zu platzieren. 
Die Job-Entdecker-Tour der „Sterne im Sauerland“ eröffnet u.a. Einblicke in die Arbeit der Küchen-Teams.
Ausbildung
Ausbildung

Schnuppertage im Hotel

Auf der Suche nach Nachwuchskräften werden derzeit viele Methoden in Deutschland ausprobiert. Im Sauerland versucht jetzt eine Kooperation verschiedener Hotels mit kurzen Praktika, junge Menschen für die Branche zu begeistern.
Bezahlung im Restaurant
Umsatzzuwächse
Umsatzzuwächse

Guter August für das bayerische Gastgewerbe

Der Ferienmonat August bescherte den bayerischen Wirten und Hoteliers erfreuliche Umsatzzuwächse. Für das laufende Jahr sieht das Bild jedoch nicht ganz so positiv aus.
Gereon Haumann
Appell
Appell

Gereon Haumann fordert mehr Unterstützung für das Gastgewerbe

Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen. Steigenden Kosten und Bürokratie belasten die Betriebe zusätzlich. Gereon Haumann, Präsident des Dehoga Rheinland-Pfalz, fordert deshalb konkrete Maßnahmen zur Entlastung und Unterstützung der Gastronomie und Hotellerie.
Zwei Männer beim Public Viewing
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Wie Gastronomen und Hoteliers von Public-Viewing-Events profitieren können

Die Fußball-EM ist vorbei, die Olympischen Spiele sind in vollem Gange, Public Viewing ist angesagt: Gastronomen und Hoteliers sollten die Begeisterung hierfür am Köcheln halten – auch nach dem Sport-Sommer. Warum und wie, erklärt Robert Merkel, Country Manager von MPLC Germany, im Interview mit HOGAPAGE.
Geselliges Paar bei einem Wein im Restaurant mit Hund
Inklusion
Inklusion

Hunde verboten! Aber was ist mit Assistenzhunden?

In der Hotellerie und Gastronomie sind die bellenden Vierbeiner, außer im Biergarten, nicht immer willkommene Gäste. Wie aber sollen Betreiber mit den Tieren umgehen, wenn sie vom Menschen benötigt werden, um ein Handicap auszugleichen? 
Restaurant mit Kellner in der Rückenansicht und im Vordergrund ein Teller mit Salat.
Schwierige Zeiten
Schwierige Zeiten

Gastgewerbeumsatz im März leicht gesunken

Laut dem Statistischen Bundesamt ist das Gastgewerbe noch lange nicht auf dem Vor-Corona-Niveau angekommen. Im März 2024 verzeichnete das Gewerbe gegenüber dem Februar 2024 einen Rückgang in niedrigen einstelligen Bereich.  
Kellner kassiert Gäste ab
Umsatzplus
Umsatzplus

Gastgewerbe in Bayern: Umsatzsteigerung trotz Ende der 7-Prozent-Mehrwertsteuer

Entgegen den Befürchtungen blieb der Umsatzeinbruch im bayerischen Gastgewerbe nach dem Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung auf Speisen aus. Für den Dehoga ist dies jedoch kein Grund zur Entwarnung.