Corona-Krise

Entwicklung für Bayerns Jugendherbergen unklar

Grünes Holzschild auf dem das Wort Jugendherberge steht
Wie geht es mit Bayerns Jugendherbergen und Schullandheimen wirtschaftlich weiter? Momentan sieht es düster aus. (Foto: ©BeckArt/stock.adobe.com)
Jugendherbergen und Schullandheimen in Bayern droht wegen der Corona-Krise das Aus. Eine politische Anpassung der Soforthilfe sollte die Rettung sein. Wohl kaum, wie sich zeigt.
Donnerstag, 09.04.2020, 16:40 Uhr, Autor: Kristina Presser

Bayerns Schullandheime und Jugendherbergen stehen aufgrund der Corona-Krise vor dem existenziellen Kollaps. Der Ruf nach Hilfe ist laut (HOGAPAGE berichtete). Nun wurde in der bayerischen Kabinettssitzung vom 7. April beschlossen, dass das Corona-Soforthilfe-Programm auch auf wirtschaftlich tätige Körperschaften des Non-Profit-Sektors ausgeweitet werden soll. Damit können dann auch Vereine, Stiftungen oder gemeinnützige GmbHs als Träger von Schullandheimen, Jugendherbergen und Bildungseinrichtungen berechtigten Anspruch auf Zuschüsse stellen, wie es in einer offiziellen Stellungnahme der Bayerischen Regierung heißt. Der Freistaat würde sein Soforthilfe-Programm „noch enger mit dem entsprechenden Bundesprogramm“ verzahnen.

Verbesserung der Soforthilfe – ein Trugschluss?

Landtagsabgeordnete Tobias Gotthardt, Betreuungsabgeordneter für die Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth, ist Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger dankbar für die schnelle Reaktion: „Der Haushalt des eigentlich zuständigen Sozialministeriums allein hätte das nicht hergegeben.“ Bayern helfe auch hier schnell und unbürokratisch. Als Jugendpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Freien Wähler habe er sich an den Minister gewandt und sich für die Gleichstellung der Jugendherbergen und Schullandheime mit anderen Unternehmen eingesetzt, die bereits von der Corona-Soforthilfe profitieren. Der gesellschaftliche Mehrwert der Beherbergungsstätten sei enorm und außerordentlich wichtig, betonte Gotthardt.

„Ungebremstes Zusteuern auf ein Insolvenzverfahren“

Unterdessen hat auch der Landesverband Bayern im Deutschen Jugendherbergswerk (DJH) auf die Regierungsbeschlüsse reagiert – jedoch deutlich verhaltener. Zwar würdige man „ausdrücklich die vielfältigen Einzel-Initiativen aus allen politischen Ebenen“, wie es in einer offiziellen Erklärung heißt. Dennoch befürchte man „ein ungebremstes Zusteuern auf ein Insolvenzverfahren“, sagt Klaus Umbach, Präsident des Landesverbands Bayern. „Wir fordern deshalb unverzüglich lösungsorientierte Gespräche mit dem Sozial-, Wirtschafts- und Finanzministerium, um dieses drohende Szenario wirksam zu verhindern.“

Das Problem, laut Verband: Man betrachte es „grundsätzlich als großen Erfolg“, dass die Jugendherbergen erstmals offiziell durch die Bayerische Staatsregierung unter den Rettungsschirm aufgenommen wurden. Allerdings verhindere Art und Umfang des Soforthilfeprogramms eine Liquiditätssicherung der Häuser. „Mit weit über 700 Mitarbeiter ist der Landesverband formal juristisch von entsprechenden Zuwendungen aus dem Programm ausgeschlossen“, stellt Umbach klar. Denn das bayerische Soforthilfe-Programm sei nach wie vor nur für Antragsteller bis maximal 250 Mitarbeiter vorgesehen – und somit ungeeignet für das DJH. „Selbst wenn Unterstützungsleistungen aus bisher bestehenden Programmen für die Jugendherbergen zugänglich gemacht würden, wären die dafür vorgesehenen Beträge viel zu gering, um die Existenz der bayerischen Jugendherbergen zu sichern“, beklagt Klaus Umbach.

Finanzierungslücke von 8 Mio. Euro bis Ende 2020

Auch die Inanspruchnahme von Krediten, die durch den Freistaat Bayern bis zu 100 Prozent besichert werden, sei keine Lösung. Denn diese Kredite seien ausschließlich für rein gewerblich arbeitende Unternehmen vorgesehen – nicht für gemeinnützig organisierten Verbände.

Wie Klaus Umbach berichtet, stehe das Jugendherbergswerk Bayern bis Ende 2020 vor einer Finanzierungslücke von 8 Mio. Euro. „Das wirksamste Mittel einer Rettung ist ein nicht-rückzahlungspflichtiger Zuschuss durch den Freistaat Bayern. Im Zusammenwirken von staatlichen Zuschüssen und einer dann möglichen eigenständigen Kreditaufnahme durch den Verband könnte die Gesamtfinanzierung gesichert werden.“ Das bedeutet für Bayerns Jugendherbergen, dass es nach wie vor keinen Rettungsschirm gibt, wie es in der Stellungnahme heißt. „Uns fehlt ein wetterfestes Dach – es regnet weiter ungehindert rein, sodass binnen weniger Tage und Wochen die gesamte Struktur bzw. die Substanz des Landesverbands zerstört sein wird. Die endgültige Schließung von Jugendherbergen steht unmittelbar bevor, wenn keine wirksamen Rettungsmaßnahmen erarbeitet werden!“, so die düsteren Aussichte laut Umbach.
(stmwi bayern/Bürgerbüro Tobias Gotthardt/DJH Landesverband Bayern/KP)

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