„Uns droht in Kürze, das Bier wegschütten zu müssen“
Herr Krüger, Gaststätten sind nun seit Monaten geschlossen. Wie geht es Ihnen damit?
Die Lage ist sehr ernst und wird zunehmend unzumutbarer, vor allem auch für unsere Mitarbeiter. Die Kurzarbeit, der damit einhergehende geringere Lohn, die Ungewissheit, weil niemand sagen kann, ab wann es wieder bergauf geht – das alles ist extrem belastend. Darüber hinaus sind die Räumlichkeiten unserer gastronomischen Betriebe zu groß und damit zu unflexibel um sie an die aktuell vorherrschenden Umstände ausreichend anpassen zu können. Das strapaziert insbesondere auch die Zusammenarbeit mit unseren Zulieferern, da auch diesen die gewohnte Planungssicherheit fehlt. In Summe ein für alle Beteiligten nicht nur sehr nervenzehrender Umstand, sondern einer, der im wahrsten Sinne des Wortes Existenzen zerstört!
Haben Sie eine besondere Strategie entwickelt, um durch die Pandemie zu kommen?
Kosten minimieren, so gering wie irgend möglich halten und hoffen, dass die Lage bald besser wird und wir unsere Betriebe wieder öffnen dürfen.
Sie bieten Essen auf Bestellung an. Können Sie damit fehlende Einnahmen abfedern?
Nein, weil unser Grundkonzept nicht darauf ausgelegt ist, Essen zum Mitnehmen anzubieten. Unsere Räumlichkeiten sind zu groß und damit die einhergehenden Fixkosten wie Miete, Strom etc. zu hoch, als dass das Mitnahmegeschäft, welches sich durch den stark ausgeprägten, umliegenden Wettbewerb ohnehin in Grenzen hält, diese Kosten kompensieren könnte. Fehlende Parkplätze unmittelbar vor unseren Betrieben sind ein weiterer Hinderungsgrund, um bei uns zu bestellen. Nichtsdestotrotz können wir mit den Bestellungen, die wir erhalten, aber wenigstens ein paar unserer Mitarbeiter mit Arbeit versorgen.
Haben Sie sich bewusst gegen Lieferservice-Anbieter wie Lieferando entschieden?
Nein, im Gegenteil. Da es aktuell keine Alternativen für uns gibt, beginnt die Zusammenarbeit in Kürze.
Viele Brauereien bleiben auf ihrem Bier sitzen. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Nicht weniger finster. Unsere Hausbrauereien sind für den Bierverzehr vor Ort ausgelegt. Zwar haben wir unsere Barfüßer Blonde in der 0,33-Liter-Flasche auch im Vertrieb ausgesuchter Rewe- und Göbel-Getränkemärkte, dennoch wird damit der Inhouse Konsum bei weitem nicht gedeckt. Auch uns droht in Kürze, das Bier wegschütten zu müssen.
Wie sieht es mit der Unterstützung der Regierung aus?
Extrem schlecht! Versprochen war eine schnelle Hilfe mit ersten Auszahlungen im November 2020. Bis dato haben wir vom Bund lediglich Anfang Januar 2021 eine Abschlagszahlung in Höhe von 50.000 Euro durch die beantragte November- und Dezemberhilfe erhalten. Seit der Schließung am 2. November 2020 läuft allerdings monatlich ein Verlust von 1 Million Euro auf. Bis heute müssen wir die Verluste aus November und Dezember 2020 von insgesamt 2 Millionen Euro zuzüglich der weiter auflaufenden Verluste aus Januar 2021 selbst finanzieren. Zudem sind die Hilfen bei der November- und Dezemberhilfe auf eine Million Euro begrenzt. Sei es die Überbrückungshilfe II mit einer maximalen Förderung von 50.000 Euro pro Monat, die bereits erwähnte November- und Dezemberhilfe, die November- und Dezemberhilfe plus, deren Beantragung nach wie vor nicht möglich ist oder die derzeit noch nicht final beschlossene Überbrückungshilfe III. Keine der angebotenen oder noch ausstehenden Hilfen deckt bis dato auch nur ansatzweise unsere auflaufenden Verluste.
Die oben aufgeführten Überbrückungshilfen vom Bund gelten zudem pauschal für kleine und mittlere Unternehmen. Dabei sollte es doch eigentlich einleuchten, dass einem Unternehmen mit zehn Mitarbeitern eine Unterstützung von 50.000 Euro mehr helfen kann als einem Unternehmen, das die Verantwortung für mehrere hundert Beschäftigte trägt.
Was würden Sie sich von der Politik wünschen?
Wir wünschen uns eine Lösung, die für ALLE Betroffenen ein Überleben möglich macht.
Vielen Dank für das Gespräch!