Interview

„Uns droht in Kürze, das Bier wegschütten zu müssen“

Markus Krüger, neben Eberhard Riedmüller (Gründer des Unternehmens) und Dominik Krüger Geschäftsführer der Barfüßer Gastronomie-Betriebs GmbH & Co. KG
Marcus Krüger: „Wir wünschen uns eine Lösung, die für ALLE Betroffenen ein Überleben möglich macht.“ (Foto: © Barfüßer Gastronomie-Betriebs GmbH & Co. KG)
Viele Brauereigaststätten fallen bei den Corona-Hilfen durchs Raster. Das gilt nicht nur für kleine Betriebe, sondern auch für Hausbrauereien mit mehreren Standorten. Marcus Krüger ist neben Eberhard Riedmüller (Gründer des Unternehmens) und Dominik Krüger, einer von drei Geschäftsführern der Barfüßer Gastronomie-Betriebs GmbH & Co. KG und spricht im Interview über die derzeitige Situation.
Mittwoch, 20.01.2021, 12:52 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Herr Krüger, Gaststätten sind nun seit Monaten geschlossen. Wie geht es Ihnen damit?

Die Lage ist sehr ernst und wird zunehmend unzumutbarer, vor allem auch für unsere Mitarbeiter. Die Kurzarbeit, der damit einhergehende geringere Lohn, die Ungewissheit, weil niemand sagen kann, ab wann es wieder bergauf geht – das alles ist extrem belastend. Darüber hinaus sind die Räumlichkeiten unserer gastronomischen Betriebe zu groß und damit zu unflexibel um sie an die aktuell vorherrschenden Umstände ausreichend anpassen zu können. Das strapaziert insbesondere auch die Zusammenarbeit mit unseren Zulieferern, da auch diesen die gewohnte Planungssicherheit fehlt. In Summe ein für alle Beteiligten nicht nur sehr nervenzehrender Umstand, sondern einer, der im wahrsten Sinne des Wortes Existenzen zerstört!

Haben Sie eine besondere Strategie entwickelt, um durch die Pandemie zu kommen?

Kosten minimieren, so gering wie irgend möglich halten und hoffen, dass die Lage bald besser wird und wir unsere Betriebe wieder öffnen dürfen.

Sie bieten Essen auf Bestellung an. Können Sie damit fehlende Einnahmen abfedern?

Nein, weil unser Grundkonzept nicht darauf ausgelegt ist, Essen zum Mitnehmen anzubieten. Unsere Räumlichkeiten sind zu groß und damit die einhergehenden Fixkosten wie Miete, Strom etc. zu hoch, als dass das Mitnahmegeschäft, welches sich durch den stark ausgeprägten, umliegenden Wettbewerb ohnehin in Grenzen hält, diese Kosten kompensieren könnte. Fehlende Parkplätze unmittelbar vor unseren Betrieben sind ein weiterer Hinderungsgrund, um bei uns zu bestellen. Nichtsdestotrotz können wir mit den Bestellungen, die wir erhalten, aber wenigstens ein paar unserer Mitarbeiter mit Arbeit versorgen.

Haben Sie sich bewusst gegen Lieferservice-Anbieter wie Lieferando entschieden?

Nein, im Gegenteil. Da es aktuell keine Alternativen für uns gibt, beginnt die Zusammenarbeit in Kürze.

Viele Brauereien bleiben auf ihrem Bier sitzen. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Nicht weniger finster. Unsere Hausbrauereien sind für den Bierverzehr vor Ort ausgelegt. Zwar haben wir unsere Barfüßer Blonde in der 0,33-Liter-Flasche auch im Vertrieb ausgesuchter Rewe- und Göbel-Getränkemärkte, dennoch wird damit der Inhouse Konsum bei weitem nicht gedeckt. Auch uns droht in Kürze, das Bier wegschütten zu müssen.

Wie sieht es mit der Unterstützung der Regierung aus?

Extrem schlecht! Versprochen war eine schnelle Hilfe mit ersten Auszahlungen im November 2020. Bis dato haben wir vom Bund lediglich Anfang Januar 2021 eine Abschlagszahlung in Höhe von 50.000 Euro durch die beantragte November- und Dezemberhilfe erhalten. Seit der Schließung am 2. November 2020 läuft allerdings monatlich ein Verlust von 1 Million Euro auf. Bis heute müssen wir die Verluste aus November und Dezember 2020 von insgesamt 2 Millionen Euro zuzüglich der weiter auflaufenden Verluste aus Januar 2021 selbst finanzieren. Zudem sind die Hilfen bei der November- und Dezemberhilfe auf eine Million Euro begrenzt. Sei es die Überbrückungshilfe II mit einer maximalen Förderung von 50.000 Euro pro Monat, die bereits erwähnte November- und Dezemberhilfe, die November- und Dezemberhilfe plus, deren Beantragung nach wie vor nicht möglich ist oder die derzeit noch nicht final beschlossene Überbrückungshilfe III. Keine der angebotenen oder noch ausstehenden Hilfen deckt bis dato auch nur ansatzweise unsere auflaufenden Verluste.

Die oben aufgeführten Überbrückungshilfen vom Bund gelten zudem pauschal für kleine und mittlere Unternehmen. Dabei sollte es doch eigentlich einleuchten, dass einem Unternehmen mit zehn Mitarbeitern eine Unterstützung von 50.000 Euro mehr helfen kann als einem Unternehmen, das die Verantwortung für mehrere hundert Beschäftigte trägt.

Was würden Sie sich von der Politik wünschen?

Wir wünschen uns eine Lösung, die für ALLE Betroffenen ein Überleben möglich macht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Bierkenner Oliver Wesseloh degustiert ein Bier.
Interview
Interview

Schmeckt Bier vom Fass besser?

Es ist eine Streitfrage unter allen, die gerne einmal ein Bier trinken: Schmeckt es frisch vom Fass gezapft wirklich besser als aus der Flasche? Ein Bierexperte klärt auf.
Sebastian Oremek
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Wie können Hotels energieeffizienter betrieben werden?

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind nicht nur Schlagworte, sondern entscheidende Faktoren für die zukünftige Entwicklung der Hotelbranche – das findet Sebastian Oremek, Vice President Product bei E.ON One. Im Interview mit HOGAPAGE spricht er darüber, wie Hotels energieeffizienter betrieben werden können – auch ohne umfangreiche Investitionen.
Zenchef ist eine Restauranttechnologie-Plattform. (Foto: © Chantal Arnts)
Wachstum
Wachstum

Offizieller Markteintritt von Zenchef

Die europäische Restauranttechnologie-Plattform verkündet den offiziellen Launch in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Unternehmen will künftig in der Region die Widerstandsfähigkeit der Gastronomiebranche stärken.
Die Gründerin von Finefine, Alina Hasan-Zada im Interview mit Sides. (Foto: © Sides/ Finefine)
Interview
Interview

Frauen erobern die Spitze in der Gastronomie

Anlässlich des Weltfrauentags 2024 wird deutlich, dass das weibliche Geschlecht in führenden Positionen der Gastronomie weiterhin unterrepräsentiert sind. Zu diesem Thema hat Sides ein spannendes Interview mit Alina Hasan-Zada, Gründerin von Finefine geführt.
Pierre Nierhaus Trendreport 2024/25
Im Exkluisv-Interview
Im Exkluisv-Interview

„Die Gentrifizierung verändert unsere Gastronomie“

London, New York, Tokyo, Kopenhagen – Pierre Nierhaus ist weltweit unterwegs, um die neuestes F&B-Trends der Hospitality ausfindig zu machen. Einen Überblick dazu gibt er in seinem aktuellen Trendreport 2024/25. HOGAPAGE sprach mit dem Experten für Hospitality und Lifestyle über seine Erkenntnisse.
Mike Süsser
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Mike Süsser kocht live in der Küstenperle

Die Küstenperle veranstaltet am 24. Februar 2024 ein ganz besonderes Event. Mike Süsser wird dabei gemeinsam mit dem Küchenteam ein exklusives Menü erstellen und kochen. HOGAPAGE sprach mit der Veranstaltungsmanagerin Emily Rehn und der Social Media Managerin Sina Stabenow, um mehr über das Event und die Zusammenarbeit mit dem TV-Koch zu erfahren. 
Die Absatzkrise der Brauereien in Deutschland geht weiter.
Bierabsatz
Bierabsatz

Das Bier läuft nicht mehr – Brauereien in Alarmstimmung

So wenig Bier wie im Jahr 2023 haben die deutschen Brauer seit der Wiedervereinigung noch nie verkauft. Höhere Preise sind nur schwer durchsetzbar. Doch die wirklichen Probleme kommen erst noch.