EU-Verbot für „Veggie-Burger“? Das sind die Folgen für die Gastronomie
Vor gut zwei Wochen hat sich das Europäische Parlament mehrheitlich für ein Verbot von Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“, „Tofu-Wurst“ oder „Soja-Schnitzel“ ausgesprochen. Demnach sollen Bezeichnungen, die nach Fleischlebensmitteln klingen auch nur noch für solche tierischen Produkte verwendet werden dürfen. 
Bevor die Regeln in Kraft treten, müssen erst noch die EU-Staaten zustimmen. Sollte das Verbot jedoch tatsächlich kommen, bedeutet das auch für Gastronomen einen erheblichen „unnötigen Aufwand“, wie Dr. Marcel Klinge, Vorstandsvorsitzender der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) betont. Denn pflanzliche Alternativen sind längst ein fester Bestandteil vieler gastronomischer Konzepte – von Quick-Service über Full-Service bis hin zu Fine-Dining.
„Pflanzliche Alternativen werden immer wichtiger und erfreuen sich steigender Nachfrage in allen Bereichen der Gastronomie“, erläutert Dr. Klinge. In einigen Uni-Mensen würden sie sogar schon 70 bis 80 Prozent des täglichen Angebotes ausmachen, wie eine aktuelle DZG-Studie zur Gemeinschaftsgastronomie in diesem Jahr unterstrichen hat.
Hoher organisatorischer Aufwand
Würde das geplante Verbot also tatsächlich in Kraft treten, würde das bedeuten, dass viele Betriebe ihre Produkte umbenennen und neue Speisekarte, Aushänge und/oder Webseiten gestalten müssten. Auch POS-Materialien, Online-Bestellsysteme und Kassensoftware müssten in einem solchen Fall angepasst werden. „Das würde erheblichen Mehraufwand bedeuten und Zeit sowie Geld kosten“, sagt Marilena Körner, Leiterin Politik und Kommunikation beim Bundesverband der Systemgastronomie (BdS). 
Zusätzlich müsste das Servicepersonal geschult werden, um die neuen Bezeichnungen verständlich an die Gäste zu vermitteln. „Gerade in den aktuell wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wäre dies ein weiterer Stolperstein für die Branche“, betont Körner.
Kosten und Wettbewerbsnachteile
Die Belastungen für die Betriebe wäre dann je nach Größe und Speisenangebot unterschiedlich, wie Körner herausstellt. Sie würden aber in etwa das Design und den Neudruck von Speisekarten, Verpackungen und Marketingmaterial umfassen, den IT-Aufwand zur Umbenennung in Kassensystemen und Lieferplattformen, eventuelle Schulungskosten für Mitarbeiter oder auch mögliche Kosten für Rechtsberatung im Bereich Label- und Werberecht. „Statt dass Bürokratie – wie von der Bundesregierung versprochen – abgebaut wird, kämen auf Unternehmen neue Herausforderungen und bürokratische Kosten zu“, betont Körner.
Die Höhe der Kosten lässt sich heute zwar noch nicht bemessen, „aber es wird – neben dem zeitlichen Aufwand – einiges an neuen Ausgaben auf die Branche zukommen, die ja eh schon von deutlichen Kostensteigerungen geplagt ist“, meint Dr. Klinge. „Das muss in der aktuellen Situation einfach nicht sein.“
Vor allem Unternehmen, die bereits stark in pflanzenbasierte Produkte investiert haben, könnten dadurch zumindest kurzfristig Wettbewerbsnachteile erleiden. „Sie müssten etablierte Produktnamen und Marketingmaßnahmen neu aufbauen, was Markenwirkung und Wiedererkennung schwächt“, erklärt Körner.
Höherer Erklärungsbedarf
Auch die Reaktion der Gäste auf ungewohnte Ersatzbegriffe ist nicht zu unterschätzen. Für Gäste ist eine klare, verständliche Bezeichnung entscheidend, um Produkte schnell einordnen zu können. Marktübliche Begriffe wie „Veggie-Burger“ oder „pflanzliches Patty“ oder Orientierungshilfen wie „Chicken“ helfen dabei, Produkte eindeutig zu identifizieren.
„Ungewohnte oder technisch klingende Bezeichnungen führen zu Frustration bei Gästen und erhöhen den Erklärungsbedarf beim Personal“, stellt Körner heraus. Studien und Verbraucherbefragungen würden zeigen, dass klare, selbsterklärende Bezeichnungen die Zufriedenheit steigern und Kaufentscheidungen erleichtern, während Verwirrung die Kaufbereitschaft hemmen könne. Zudem könnten ungewohnte Bezeichnungen den Eindruck erwecken, es handle sich um qualitativ unwertige Produkte.
„Statt Klarheit zu schaffen, könnten Ersatzbegriffe die Verständlichkeit für die Gäste eher erschweren, weil sie umständlich wirken“, betont Körner. „Gerade in Zeiten, in denen die Besucherzahlen rückläufig sind und unsere Mitgliedsunternehmen starke Konsumzurückhaltung spüren, ist das ein erhebliches Problem.“
Die Argumentation der Verbotsbefürworter sei zudem „absolut löchrig“, wie Dr. Klinge herausstellt: „In Zimtschnecken sind ja schließlich auch keine Schnecken enthalten, in einer Fleischtomate kein Fleisch und im Leberkäse kein Käse. Schon diese Beispiele zeigen, wie unsinnig das geplante EU-Verbot ist. Wir hoffen daher, dass die Initiative, die nun bei den 27 Mitgliedsstaaten liegt, am Ende nicht umgesetzt wird.“
Bundesagrarminister ist gegen das Verbot
Nachdem sich nun das Europäische Parlament zu dem geplanten Verbot positioniert hat, wird im sogenannten Trilog zwischen Parlament, EU-Kommission und den durch die Ratspräsidentschaft vertretenen Mitgliedstaaten nun darüber verhandelt. Das Trilogergebnis bleibt abzuwarten.
„Kommt das EU-Verbot, wird es am Ende nur Verlierer geben“, betont Dr. Klinge. „Die Verbraucher und Gäste, die unnötig verwirrt werden, und die Gastro-Betriebe, die bereits stark auf pflanzenbasierte Produkte setzen.“ Denn ein Verbot von gängigen Begriffen würde es letztlich erschweren, pflanzenbasierte Gerichte zu verkaufen – insbesondere für die wachsende Zielgruppe der Flexitarier, die bewusst nach pflanzlichen Alternativen suchen, die ähnlich wie ihre tierischen Pendants schmecken und zubereitet werden.
Immerhin Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) sieht im geplanten Verbot keine praktikable Lösung. In einem Interview mit dem Münchner Merkur erklärte er: „Lassen wir die Debatte, es ist jetzt einfach zu spät dafür – gerade viele deutsche Unternehmen sind mit ihren Produkten fest am Markt etabliert. Es würde Millionen kosten, wenn die Wirtschaft alles umetikettieren müsste. Der Aufwand wäre viel zu hoch.“ Er sei daher für die Beibehaltung der bestehenden Regeln. „Wir haben auch wirklich wichtigere Probleme“, betont Rainer.
(BdS/DZG/Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat/Merkur/SAKL)