Notbremse

Dehoga kritisiert Notbremse

Laptop im Büro mit Begriff auf dem Monitor, Paragraf und Waage
Die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetztes sieht umfangreiche Einschränkungen ab einer Inzidenz von 100 vor. (Foto: © MQ-Illustrations/stock.adobe.com)
Die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes rufen Kritik hervor. Zwar sei es sinnvoll, einen Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen zu vermeiden, jedoch missachte der Entwurf den Tenor bereits erfolgter Urteile.
Dienstag, 13.04.2021, 09:11 Uhr, Autor:Natalie Ziebolz

Die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes sieht der Deutsche Hotel- und Gaststättenverbandes problematisch. Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass künftig Maßnahmen mit bundesweit einheitlichen Standards zur Anwendung kommen, die in einem Landkreis ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 gelten. Wenn der Inzidenzwert 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten wird, müssen ab dem übernächsten Tag umfangreiche Maßnahmen zur Anwendung kommen. Dazu gehören verschärfte Kontaktregeln für Privathaushalte, nächtliche Ausgangssperren von 21.00 – 5.00 Uhr, sowie umfassende Untersagungen der Ausübung von Geschäftstätigkeiten und Schließungen. Für die Gastronomie und Hotellerie bedeutet dies, dass die Ausübung von Gastronomie jeder Art einschließlich Betriebskantinen untersagt ist; zulässig sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken, wobei die Speisen und Getränke nicht vor Ort verzehrt werden dürfen. Zudem sind Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken untersagt, wenn am Ort der Übernachtungsstätte oder am Wohnort des Gastes die Inzidenz von 100 oder mehr erreicht wird. Wird der Inzidenzwert 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten, so treten die Maßnahmen in dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt am übernächsten Tag außer Kraft.

„Der vorliegende Entwurf hinsichtlich der Änderung des Infektionsschutzgesetzes ist enttäuschend“, erklärte auch Angela Inselkammer, Präsidentin des Dehoga Bayern, „es ist zwar sinnvoll, einen Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen zu vermeiden, jedoch missachtet der Entwurf den Tenor bereits erfolgter Urteile und bremst auch pandemiebekämpfende Maßnahmen aus.“

Guido Zöllick: „Einige der Neuregelungen sind rechtlich fragwürdig“

„Klarheit und Verlässlichkeit bei den Corona-Maßnahmen sind zu begrüßen. Allerdings sind einige der geplanten Neuregelungen nicht nachvollziehbar und rechtlich fragwürdig“, sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick. „So haben wir insbesondere kein Verständnis dafür, dass der Fehler der im Herbst von den Gerichten kassierten Beherbergungsverbote wiederholt wird. Es ist schwierig genug, unseren Betrieben im sechsten Monat des zweiten Lockdowns zu vermitteln, dass sie weiter geschlossen bleiben. Inakzeptabel ist es nun, dass ein Gast zukünftig nicht anreisen dürfte, wenn an seinem Wohnort ein Inzidenzwert von 100 vorliegen würde.“

Das sachgerechtere und mildere Mittel wäre laut Zöllick, die Anreise aus einem Risikogebiet von einer zuvor erfolgten Negativtestung abhängig zu machen. „Es ist niemandem vermittelbar, wenn Bürger aus einer über 100-Inzidenzregion ihre Urlaubsreise ins Ausland mit negativem PCR-Test antreten dürften, aber nicht an die Ost- oder Nordsee reisen könnten.“

Notbremse braucht zeitliche Befristung

Mit Blick auf die Schwere der Grundrechtseingriffe seien zudem eine zeitliche Befristung der Notbremse und eine laufende Evaluierung unverzichtbar. Dies gelte umso mehr, da der Inzidenzwert für die Beurteilung des Infektionsgeschehens ausschlaggebend sein soll. „Wir erwarten, dass künftig zur Beurteilung der Infektionslage neben den Inzidenzwerten das Impfen, Testen sowie weitere wesentliche Faktoren berücksichtigt werden – wie dies bereits beim Bund-Länder-Gipfel am 3. März verabredet wurde“, so Zöllick weiter. „Der mit dem Erreichen der Inzidenz von 100 verbundene Automatismus lässt zudem sachgerechte Differenzierungen bei lokalisierbarem und beherrschbarem Ausbruchsgeschehen nicht mehr zu.“ Ebenso würden dadurch Pilotprojekte oder Modellregionen in den Ländern gestoppt, deren Ziel es war, alternative Lösungskonzepte mit Testungen zu entwickeln. Darüber hinaus fordert der DE Nachbesserungen bei den Regelungen zu Betriebskantinen.

Angela Inselkammer: „Konzeptöffnungen sind keine Experimente“

„Auch für uns steht die Sicherheit von Mitarbeitern und Gästen immer an oberster Stelle. Uns geht es nicht um Öffnungen auf Kosten der Gesundheit oder um jeden Preis, doch wir wollen, dass verantwortbare Öffnungsschritte auch gegangen werden.“ Hierzu wären Modellregionen gerade jetzt der richtige Weg, so Angela Inselkammer, Präsidentin des Dehoga Bayern. „Konzeptöffnungen sind keine Experimente, sondern schaffen mehr Sicherheit, da weitere geschützte Bereiche geschaffen werden, die dazu beitragen, Orte des Aufeinandertreffens zu entzerren. Ziel muss es sein, ungeschützte Kontakte zu minimieren – dies schafft man nicht mit einem undifferenzierten pauschalen Dauerlockdown.“

Kritikwürdig ist es aus Sicht des Dehoga zudem, dass im Infektionsschutzgesetz keine Entschädigungs- bzw. Kompensationsregelung für die Unternehmen verankert ist, deren Geschäftsbetrieb untersagt werde.

(Dehoga/NZ)

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