FCSI Deutschland-Österreich

CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln reduzieren

Manuel Klarmann, Gründer und Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens Eaternity. (Foto: © Manuel Klarmann)
Manuel Klarmann, Gründer und Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens Eaternity. (Foto: © Manuel Klarmann)
Bei der UN-Klimakonferenz war sich die Welt einig: Die Erderwärmung muss auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden. Hierbei spielt auch die Nahrungsproduktion eine große Rolle, erklärt Manuel Klarmann, Gründer und Geschäftsführer von Eaternity.
Freitag, 10.12.2021, 10:24 Uhr, Autor: Martina Kalus

Die Freitagsgespräche des FCSI Deutschland-Österreich finden seit einiger Zeit regelmäßig als virtuelles Treffen der Mitglieder und interessierter Gäste statt. Diskutiert werden unterschiedliche Themen, die den Verband, seine Mitglieder und deren Kunden aus der Hospitality beschäftigen. In der vergangenen Woche war Manuel Klarmann zu Gast, dessen Unternehmen Eaternity sich seit 2008 damit beschäftigt, die Auswirkungen von Lebensmitteln auf den Klimawandel zu messen und diese sowohl Gastronomen als auch ihren Gästen zugänglich zu machen.

Er erläuterte den interessierten Zuhörern, wie die Hospitality-Branche einen entscheidenden Beitrag dazu leisten kann, dass sich der Anteil der Nahrungsmittelproduktion am globalen CO2-Ausstoß trotz wachsender Weltbevölkerung halbiert. „Aktuell liegt der durch die Ernährung verursachte CO2-Ausstoß pro Person bei 2 bis 3 Tonnen pro Jahr“, nannte Klarmann Zahlen, „es ist notwendig, dass wir diesen Wert auf unter eine Tonne senken.“

Probleme: Landumnutzung, Methanproduktion, Düngemittel

Vor allem drei Faktoren seien verantwortlich für die schlechte Klimabilanz von Lebensmitteln: die durch den Anbau – auch von Futtermitteln – verursachte Landumnutzung und der damit einhergehende Verlust von Baumbestand, die übermäßige Methanproduktion durch die Massentierhaltung und der Einsatz von Düngemitteln mit Stickstoff. „Dagegen helfen keine technischen Innovationen“, betonte Klarmann. „Wir müssen unser Konsumverhalten überdenken und ändern.“

Ziel müsse eine Ernährung sein, die sowohl der Planetengesundheit als auch dem eigenen Körper zugutekomme. „Dafür ist es notwendig, den Verzehr von Fleisch und Milch deutlich zu reduzieren. Das bedeutet: maximal drei Mal pro Woche Fleisch oder Fisch, dafür wesentlich mehr Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst. Der Milchverbrauch muss um 75 Prozent sinken“, rechnete Klarmann den FCSI-Mitgliedern vor.

Regional funktioniert nur zusammen mit saisonal

Um den CO2-Fußabdruck einzelner Produkte zu veranschaulichen, hat Eaternity ein Poster erstellt, das die CO2-Bilanz verschiedenster Lebensmittel – vom Käse bis hin zu Gewürzen – abbildet. Dieses steht unter www.ayce.earth zur Verfügung. „Natürlich sind regional produzierte Lebensmittel am klimafreundlichsten“, so Klarmann. „Aber nur, wenn wir Saisonalität mitdenken. Auch das Transportmittel zählt, wobei das Schiff deutlich besser abschneidet als das Flugzeug. Spargel, der aus Spanien nach Deutschland geflogen wird, hat eine desaströse Klimabilanz, während er über den Seeweg transportiert, kaum hinter deutschem Spargel zurücksteht.“

Eaternity kooperiert erfolgreich mit Gastronomen und den Anbietern von Warenwirtschaftssystemen, um den Gästen diese Zusammenhänge anschaulich zu machen. „Der Aufwand für die Mitarbeiter erhöht sich dabei nicht, während die Gästezufriedenheit direkt steigt“, berichtete Klarmann. „Wichtig ist, dass die Umsetzung im Restaurant zu dem passt, was die Gäste erwarten.“ Dann ließen sich vor allem durch die Verringerung des Fleischanteils in Gerichten viele CO2-Emissionen einsparen. Das Unternehmen unterstützt Gastronomen außerdem dabei, ihren Bedarf präziser zu planen und so Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.

 Lösung für bewusstere Entscheidungen

In der anschließenden Diskussion erörterten die Teilnehmer unter anderem, wie sich die Konsumenten davon überzeugen lassen, dass Anbieter für gemüsebasierte Gerichte aufgrund des höheren Arbeitsaufwands einen entsprechenden Preis verlangen müssen und wie es zu erreichen sei, dass vor allem Rindfleischkonsum nicht mehr als „cool“ angesehen wird. „Viele Menschen wollen etwas ändern, wissen aber nicht wie“, analysierte FCSI-Präsident Frank Wagner. „Die Klimabilanz von Speisen zu messen und zu kommunizieren, könnte eine einfache Lösung für bewusstere Entscheidungen sein.“ Einig war sich die Runde, dass es wenig sinnvoll ist, wenn die Verbraucher in Europa ihr Verhalten ändern, wenn gleichzeitig hier mit hohen Subventionen aus Steuergeldern klimaschädlich produzierte Fleisch- und Milchprodukte in alle Welt exportiert werden. „Gefragt sind alle Beteiligten“, bestätigte Klarmann, „Politik, Lebensmittelindustrie und auch die Praktiker am Herd, die ihre Gäste für klimafreundlichere Küche begeistern!“

(FCSI/MK)

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