Rechtssprechung

Verwaltungsgerichtshof setzt bayernweites Alkoholverbot außer Vollzug

Tasse Glühwein, die von Gewürzen und Weihnachtsdeko umgeben ist
Bayerns oberstes Verwaltungsgericht setzt das öffentliche landesweite Alkoholverbot außer Vollzug. (Foto: © Jenny Sturm/stock.adobe.com)
Ein Winter ohne Glühwein im Freien – das könnte nun doch bald anders aussehen. Denn Bayerns oberstes Verwaltungsgericht sieht für ein öffentliches landesweites Alkoholverbot keine Grundlage.
Mittwoch, 20.01.2021, 11:40 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das bayernweite Alkoholverbot im öffentlichen Raum vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Gericht gab damit dem Eilantrag eines Mannes aus Regensburg statt. Zur Begründung teilte das Gericht mit, dass nach dem Infektionsschutzgesetz Alkoholverbote nur an bestimmten öffentlichen Plätzen vorgesehen seien. Die Anordnung eines Alkoholverbots für die gesamte Fläche des Freistaats Bayern überschreite daher die Verordnungsermächtigung, die der Bundesgesetzgeber erteilt habe. Die Entscheidung des Senats gelte ab sofort bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren.

Lokale Verbote durch die Kommunen weiter möglich

Die Staatsregierung will nun den Kommunen erneut lokale Verbote ermöglichen. Diese sind weiter möglich – sie waren nicht Gegenstand des Verfahrens. „Die Entscheidung des VGH ist bedauerlich, da Alkohol enthemmt und dazu beiträgt, mit den unbedingt nötigen Hygieneabständen laxer umzugehen“, teilte die Staatskanzlei der Deutschen Presse-Agentur mit. „Wir werden daher die alte Regelung wieder in Kraft setzen, wonach die Kommunen bestimmte Plätze festlegen, an denen der Alkoholkonsum im öffentlichen Raum verboten ist.“

Viele Städte hatten im vergangenen Jahr vor allem an Hotspots Alkoholverbote erlassen, darunter München, Nürnberg und Bamberg. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte aber schon Anfang September das nächtliche Alkoholverbot der Stadt München für den gesamten öffentlichen Raum für unverhältnismäßig erklärt. Die Richter wiesen damals eine Beschwerde der Landeshauptstadt zurück und bestätigten eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Stadt hatte danach gezieltere Verbote erlassen, etwa rund um Party-Hotspots wie die Isarauen oder den Gärtnerplatz.

„Zulässig sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken“

Wie und wo nun wieder Alkohol in der Öffentlichkeit konsumiert werden kann, hängt davon ab, wie schnell die Kommunen neue Regeln schaffen. Grundsätzlich heißt es in der elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung von Mitte Dezember: „Zulässig sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken.“ Vielerorts gab es seitdem Getränke und kleinere Speisen etwa an Kiosken. Nun wäre auch Alkohol wieder erlaubt – und damit der in der kalten Jahreszeit beliebte Glühwein.

Außervollzugsetzung der 15-Kilometer-Regel abgelehnt

Der Eilantrag des Regensburgers an den Verwaltungsgerichtshof richtete sich nicht nur gegen das Alkoholverbot, sondern auch gegen die 15-Kilometer-Regelung für tagestouristische Ausflüge, gegen Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Bibliotheken und Archiven. Eine Außervollzugsetzung lehnte das Gericht in all diesen Punkten aber ab.

Die Kontaktbeschränkungen seien vom Infektionsschutzgesetz gedeckt und angesichts des aktuellen Geschehens verhältnismäßig. Bei der Schließung von Bibliotheken und Archiven sei offen, ob diese angesichts fehlender Ausnahmen für Bring- und Abholdienste verhältnismäßig sei. Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache überwiege aber das öffentliche Interesse an der Eindämmung der Corona-Pandemie gegenüber dem individuellen Interesse des Antragstellers.

Antrag, die 15-Kilometer-Regelung für tagestouristische Ausflüge außer Vollzug zu setzen, wies der Senat als unzulässig ab – der Antragsteller sei von der Regelung derzeit nicht betroffen, da Regensburg unter der Sieben-Tages-Inzidenz von 200 liege und die Regel damit nicht gelte. Der Senat traf damit aber ausdrücklich keine Aussage über die Rechtmäßigkeit der Regelung. Hierzu sind mehrere weitere Eilanträge beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig. Entscheidungen dazu werden in Kürze erwartet.

(dpa/NZ)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Eine Gruppe von Leute stoßt in einer Bar mit Bier an
Corona-Maßnahmen
Corona-Maßnahmen

Schankwirtschaften in Bayern dürfen öffnen

Kneipen und Bars im Freistaat dürfen ab sofort auch innen wieder öffnen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab dem Eilantrag einer Wirtin statt und kippte die Regelung zur Schließung von Innenräumen reiner Schankwirtschaften.
Touristin vor dem Münchener Rathaus auf dem Marienplatz
Urteil
Urteil

Gericht stoppt bayerisches Beherbergungsverbot für Touristen

Bayerns Gastwirte dürfen wieder Gäste aus Risikogebieten in Deutschland empfangen. Den Beschluss traf nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Jimi Blue Ochsenknecht
Prozess
Prozess

Jimi Blue Ochsenknecht: 18.000 Euro Geldbuße wegen nicht bezahlter Hotelrechnung

Jahrelang zog sich die Causa um eine offene Hotelrechnung. Nach der Verhaftung des Schauspielers wurden die knapp 14.000 Euro überwiesen. Nun zog ein Gericht einen Schlussstrich.
Blumen im Vordergrund, Biergarten im Hintergrund
Statistik
Statistik

Bayerns Wirte machen weniger Umsatz

Bayerns Gastronomie steckt in einer Flaute – vor allem Restaurants und Cafés verzeichnen sinkende Umsätze. Hotels und Campingplätze hingegen profitieren und sorgen dafür, dass das Gastgewerbe insgesamt glimpflicher davonkommt.
Touristin in München
Übernachtungszahlen
Übernachtungszahlen

Bayern: leichtes Plus bei Gästeankünften im ersten Halbjahr

Berge, Seen, historische Stätten, romantische Altstädte – Bayern registriert im ersten Halbjahr mehr als 18 Millionen Gästeankünfte. Hohe Zuwächse hatte eine ganz bestimmte Urlaubsvariante.
Zwei Spezi-Flaschen des Herstellers Paulaner stehen neben einer Flasche Mio-Mio-Cola-Orange-Mische
Urteil
Urteil

Paulaner gewinnt im Spezi-Prozess

Urteil: Die eine Cola-Mix-Flasche ziert eine Welle, die andere ist von einem ehemaligen Studentenzimmer inspiriert. Dem Landgericht München kam es aber auf andere Dinge an.
vor einem Pool stehen fünf Liegen, die alle mit bunten Handtüchern belegt sind
Reiserecht
Reiserecht

Hotels dürfen Reservieren von Liegen verbieten

Vor dem Frühstück schnell am Pool vorbeigehen und schon einmal die besten Liegen mit den eigenen Handtüchern besetzen: Weil das unter Gästen Konflikte auslösen kann, schieben Hotels der Liegen-Reservierung teils einen Riegel vor. Doch dürfen sie das?
Alfons Schuhbeck
Frist abgelaufen
Frist abgelaufen

Alfons Schuhbeck: Urteil ist rechtskräftig

Es ist gut eine Woche her, dass Alfons Schuhbeck vom Landgericht München I erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Die Frist für Rechtmittel ist jetzt abgelaufen.  
Blumen im Vordergrund, Biergarten im Hintergrund
Wettbewerb
Wettbewerb

Lieblingsbiergarten 2025: Die Gewinner stehen fest

Der Dehoga Bayern hat erneut den „Lieblingsbiergarten“ ausgezeichnet. Über den Sieg entschieden die Gäste, die Einteilung erfolgte dabei in zwei Kategorien. Das sind die Gewinner.