Urteil: Pfändung von Soforthilfen unzulässig
Wurden Selbstständigen und Freiberuflern Soforthilfen aufgrund der Coronakrise ausgezahlt, dürfen diese Gelder nicht vom Finanzamt gepfändet werden, wie der Bundesfinanzhof dieser Tage urteilte. (BFH) (Az.: VII S 23/20). Diese Hilfen hätten den Sinn und Zweck gehabt, wirtschaftliche Notlagen, die durch Corona hervorgerufen wurden, abzufedern. „Es müssen damit keine Alt-Schulden beim Finanzamt beglichen werden“, ließ Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler dazu verlauten.
Bundesfinanzhof gibt Selbständigem Recht
Im konkreten Fall klagte ein Selbstständiger, der aufgrund der Corona-Pandemie keine Aufträge mehr erhielt. Um seinen Betrieb zu erhalten, beantragte er deshalb beim Land Nordrhein-Westfalen die Corona-Soforthilfe in Höhe von 9000 Euro, die entsprechend auf sein Girokonto überwiesen wurde. Da dieses Konto vom Finanzamt mit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen Umsatzsteuerschulden aus früheren Jahren belastet war, verweigerte die Bank die Auszahlung der Corona-Soforthilfe. Der Selbstständige verlangte beim Gericht die Freigabe der Corona-Soforthilfe. Wie bereits das Finanzgericht Münster in erster Instanz, gab auch der Bundesfinanzhof dem Selbständigen Recht.
Geschädigte können Freigabe des gepfändeten Betrags beantragen
Die Kontopfändung ist nicht rechtens, denn die Corona-Soforthilfe erfolgte ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlage des betroffenen Unternehmens im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Sie diene nicht der Befriedigung von vor der Krise entstandenen Ansprüchen des Finanzamts, so das Gericht. Betroffene Steuerzahler, denen das Finanzamt wegen alter Steuerschulden gänzlich oder teilweise die Soforthilfeleistung oder die Überbrückungshilfe gepfändet hat, können sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs berufen. Beim Finanzamt sollte die Freigabe des gepfändeten Betrags beantragt werden. „Zur Begründung sollte das Aktenzeichen genannt werden“, rät Klocke. (dpa-tmn)