Entschädigung bei Streiks

Fluggesellschaften droht Klagewelle

Eine Person steht mit Kaffee und Koffer in einer Wartehalle am Flughafen und sieht einem Flugzeug beim Abheben zu
Der Europäische Gerichtshof hat Flugpassagieren nun mehr Rechte zugesprochen. (©anyaberkut/Fotolia)
Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg: Passagiere müssen bei Flugverspätungen und -ausfällen aufgrund eines Streiks des Airline-Personals finanziell entschädigt werden.
Mittwoch, 18.04.2018, 09:54 Uhr, Autor: Thomas Hack

Den Fluggesellschaften droht nun eine Klagewelle, denn dieses Urteil gilt sowohl zukünftig als auch rückwirkend für alle ähnlichen Fälle. Warum dieses Urteil wichtig ist, erklärt Christian Nielsen, Chef der Rechtsabteilung des weltweit führenden Fluggasthelfer-Portals AirHelp:
„Bisher galten Airline-Streiks jeder Art als außergewöhnliche Umstände, die die Airlines von ihrer Pflicht befreiten, Entschädigungen auszahlen zu müssen. Doch heute hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass selbst ein unrechtmäßiger Streik keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Deshalb müssen Fluggesellschaften ihre Passagiere ab sofort mit bis zu 600 Euro pro Person entschädigen, wenn diese aufgrund eines Streiks des Airline-Personals von Flugverspätungen oder -ausfällen betroffen waren.

Tausende geschlossene Fälle werden wieder aufgerollt
Dieser Präzedenzfall stärkt das europäische Fluggastrecht in erheblichem Maße. Den Fluggesellschaften droht nun eine Klagewelle, denn dieses Urteil gilt auch rückwirkend für alle Flugausfälle und -verspätungen durch Streiks des Airline-Personals, die noch nicht verjährt sind.
AirHelp kündigte an, tausende geschlossenen Fälle dieser Art wieder aufrollen und den Entschädigungsanspruch ihrer Kunden bei den verantwortlichen Airlines durchsetzen zu wollen. Über dieses Vorhaben werde AirHelp alle betroffene Kunden in den nächsten Tagen informieren. Die Fluggasthelfer raten aber auch allen weiteren Fluggästen, die von Flugproblemen aufgrund Airline-Streiks betroffen waren, ihr Recht auf eine finanzielle Entschädigung durchzusetzen. AirHelp werde die Passagiere dabei unterstützen und wenn nötig auch vor Gericht für sie ziehen.

Bis zu 600 Euro Entschädigung pro Fluggast
Flugausfälle und -verspätungen können zu Entschädigungszahlungen in Höhe von bis zu 600 Euro pro Fluggast berechtigen. Die Höhe der Entschädigungszahlung berechnet sich aus der Länge der Flugstrecke. Der rechtmäßige Entschädigungsanspruch ist abhängig von der tatsächlichen Verspätungsdauer am Ankunftsort sowie dem Grund für den ausgefallenen oder verspäteten Flug. Betroffene Passagiere können ihren Entschädigungsanspruch rückwirkend durchsetzen, bis zu drei Jahre nach ihrem Flugtermin. Außergewöhnliche Umstände wie Unwetter oder medizinische Notfälle können bewirken, dass die ausführende Airline von der Kompensationspflicht befreit wird. (ots/TH)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Eine Familie an einem Flughafen
Gerichtsurteile
Gerichtsurteile

Airlines dürfen bei Umbuchung Aufpreis verlangen

Das OLG Köln hat dieser Tage entschieden: Sofern ein Flug aufgrund der Coronakrise annulliert wird, darf die Airline bei einer Umbuchung einen Aufpreis verlangen.
Ein Flugzeug
Urlaub 2021
Urlaub 2021

Reiseveranstalter großzügig bei Stornierungsregeln

Mittels großzügiger Regelungen hinsichtlich Stornierungen möchten Reiseunternehmen mehr Buchungen generieren und ihre Liquidität sichern. Auch Flex-Tarife sind eine Option.
Ein Flughafen bei Regen
Tourismusbranche
Tourismusbranche

Urteil gesteht Reisenden „Schlechtwetter“-Entschädigung zu

Schlechtes Wetter kann schnell eine Flugreise vereiteln. Obwohl die Fluglinie in diesem Fall oft wenig tun kann, kann den Passagieren dennoch eine Entschädigung zustehen – so ein aktuelles Urteil.
Ein Flugzeig mit Mundmaske
Urlaub 2020
Urlaub 2020

TUI führt Corona-Versicherungsschutz ein

TUI hat bekanntgegeben, zusammen mit AXA-Partners ein neues Versicherungspaket für Reisegäste entwickelt zu haben. Dieses reiche von einer Notfall-Hotline bis hin zu eventuellen Quarantäne-Kosten.
Eine Urlauberin mit Mundschutzmaske
Rechtslage
Rechtslage

„Keine Stornierung wegen Maskenpflicht möglich“

Allein wegen einer Maskenpflicht auf den Balearen könnten Reisende ihren Urlaub dort nicht stornieren oder abbrechen – so ein Reiserechtsexperte in einer aktuellen Mitteilung.
Heiko Maas
Tourismusbranche
Tourismusbranche

Maas will Reisewarnung aufheben

Außenminister Heiko Maas (SPD) gibt seine Zurückhaltung auf: Der Urlaub am Mittelmeer soll in Kürze wieder ermöglicht werden.
Ein Mann auf einem Flughafen
Gerichtsurteil
Gerichtsurteil

Wann Reiseunternehmen erheblichen Schadensersatz zahlen müssen

Zweimal reist eine Familie zum Flughafen, um in den Urlaub zu fliegen – und zweimal fällt die Reise ganz kurzfristig ins Wasser. Solche Umstände rechtfertigen eine hohe Entschädigung, urteilte jetzt ein Oberlandesgericht.
Geldbündel an einem urlaubsstrand
Pauschalreisen
Pauschalreisen

Tui spricht sich gegen höhere Haftungsgrenze aus

Nach der Pleite des Branchenriesen Thomas Cook sind Diskussionen über eine höhere Haftungsgrenze bei Pauschalreisen aufgeflammt. Der weltgrößte Reisekonzern Tui warnt nun vor derartigen Maßnahmen.
Geld am Strand
Tourismus
Tourismus

Steuererleichterung für Reiseunternehmen beschlossen

Der Bundesfinanzverwaltung hat entschieden, dass Reiseunternehmen bei der Anmietung von Hotelzimmern nicht mehr mit der Gewerbesteuer belastet werden.