Cannabis in Kneipe und Co.
Bald könnten in Biergärten Familien friedlich neben Gruppen sitzen, die einen Joint genießen. Der öffentliche Cannabiskonsum wird ab dem 1. April weitgehend legal sein, mit Ausnahme von Bereichen in unmittelbarer Nähe von Spielplätzen und Schulen.
Von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich
Ab der Teil-Legalisierung werden Gastronomen in Raucherkneipen selbst darüber entscheiden können, ob in ihrer Kneipe gekifft werden darf. “Da, wo nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesländer das Rauchen noch erlaubt ist, ist auch Cannabis-Konsum grundsätzlich gestattet“, erklärte Jürgen Benad, Rechtsexperte und Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes.
Nur in Nordrhein-Westfalen, Bayern und im Saarland gibt es strikte Rauchverbote für die Gastronomie. Hier müssen Raucher zum Qualmen vor die Tür. In den restlichen Bundesländern gibt es mindestens Ausnahmeregelungen – daher dürfte Cannabis-Konsum in der Gastronomie damit ein Thema werden.
„Klar ist: Jeder Gastronom darf aufgrund seines Hausrechts den Gästen den Konsum von Cannabis – auch in Raucherkneipen – verbieten. Das gilt auch in der Außengastronomie“, betonte Rechtsanwalt Benad. Sobald minderjährige Menschen in unmittelbarer Nähe sind, sei der Konsum definitiv illegal.
Für Diskotheken gelten dieselben Regeln der Länder wie für Gaststätten, auch hier bleibt abzuwarten, wie sich die Besitzer bezüglich des Cannabis-Konsums entscheiden werden. Ob Kneipen, Restaurants und Clubs für ihre Bereiche drinnen und draußen spezielle Hinweise entwickeln, Schilder aufhängen oder Aufkleber bestellen, und wie sich die Rauschwirkung in einer überfüllten Bar mit vielen Kiffern auf die Umgebung auswirkt, ist noch völlig offen.
Mit Joint auf die Wiesn
Kurz vor dem geplanten Start der Teillegalisierung von Cannabis ab 1. April kommen auch in München Fragen auf, wie der Konsum auf dem Oktoberfest geregelt werden soll – und ob und wo überhaupt auf dem Fest gekifft werden darf.
Das Wirtschaftsreferat als Veranstalter des größten Volks- und wohl auch Bierfestes der Welt enthielt sich zunächst konkreter Aussagen. „Die Auswirkungen des Gesetzes auf Veranstaltungen oder Gastronomie werden erst in einigen Wochen oder Monaten erkennbar sein“, teilte ein Sprecher mit.
Sollte eine spezielle Regelung für das Volksfest nötig sein, werde diese in der Oktoberfestverordnung ihren Niederschlag finden. Für entsprechende Beschlüsse sei der Kreisverwaltungsausschuss zuständig. Auch im Kreisverwaltungsreferat hieß es, zum jetzigen Zeitpunkt seien noch keine Einschätzungen möglich.
In München hält man sich noch bedeckt
Der Wirtschaftsreferent und Festleiter Clemens Baumgärtner äußerte sich ebenfalls zurückhaltend. „Wir müssen uns das Gesetz erst genau anschauen“, sagte der CSU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Er habe jedoch zumindest ein ungutes Gefühl, wenn er sich vorstelle, dass in den Wirtsgärten auf dem Oktoberfest die Joints herumgereicht würden, sagte er der Zeitung.
Die Sprecher der Wiesn-Wirte, Peter Inselkammer und Christian Schottenhamel, verwiesen darauf, dass die Entscheidung zur teilweisen Legalisierung von Cannabiskonsum noch sehr frisch sei. „Wir sind im Kollegenkreis gerade dabei, uns eine Meinung zu bilden. Bei unserer nächsten Wirte-Sitzung Mitte April werden wir das Thema diskutieren. Dann liegt sicher auch eine Stellungnahme des Veranstalters, der Stadt München, und der Festleitung vor.“
Noch kein Handlungsbedarf
Zum jetzigen Zeitpunkt gebe es keinen akuten Handlungsbedarf. „Wir werden uns auch erst einmal ansehen, wie das alles bei den nächsten größeren Open-Air-Veranstaltungen wie etwa bei Tollwood vonstattengeht“, so Inselkammer und Schottenhamel.
Längst laufen hinter den Kulissen die Vorbereitungen für das Volksfest auf Hochtouren. Spätestens Anfang Juli, womöglich aber früher, beginnt der Aufbau der Zelte. Am 21. September heißt es wieder: Ozapft is. Das Fest dauert dann bis zum 6. Oktober.
Joint und Maß – geht das zusammen?
Einschätzungen, ob die teilweise Legalisierung des Cannabiskonsums sich auf den Bierkonsum auswirken könnte, blieben zurückhaltend. An die sechs Millionen Liter Bier rinnen während des Fests durch durstige Kehlen von etwa ebenso vielen Besuchern.
Stets müssen die Wiesn-Sanitäter auch Sturzverletzungen in Folge von Alkoholisierung verarzten. Die Intoxikationen – also meist Alkohol – machten 2023 mit 36 Prozent den Hauptanteil aller Notfälle auf der Wiesn-Sanitätswache aus, die während der gut zwei Festwochen mehrere Tausende Patientinnen und Patienten behandelte.
Heftige Kritik hatte sich im vergangenen Jahr nach dem Fest Münchens neuer zweiter Bürgermeister Dominik Krause eingehandelt, der das Oktoberfest kurz nach seinem Amtsantritt als «weltweit größte offene Drogenszene» bezeichnet hatte. Der Grünen-Politiker antwortete damit in einem Interview des Instagram-Kanals „Münchner Gesindel“ auf die Frage, wie er zur Cannabis-Legalisierung stehe.
Wenn man das Oktoberfest in der Stadt habe, müsse man beim Thema Legalisierung genauso klar sein, sagte er. Beides sei aus seiner Sicht okay, solle aber in einem angemessenen Rahmen passieren.
Konsum nichts Neues auf der Wiesn
Gekifft wurde auf dem Volksfest auch früher schon – wenngleich illegal. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei im Rahmen des Fests mehr als 350 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Etwa die Hälfte davon habe Cannabis betroffen, teilte eine Sprecherin mit, die andere Hälfte Kokain. Zu einem minimalen Prozentsatz seien andere Betäubungsmittel Auslöser für eine Strafverfolgung gewesen.
(dpa/CHHI)