Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie: Zwischen Kritik und Hoffnung
DGB-Chefin Yasmin Fahimi hat die Entscheidung der Bundesregierung kritisiert, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie im kommenden Jahr auf sieben Prozent zu senken. Dies sei „ein reines Steuergeschenk ohne wirtschaftlichen Effekt und wird nicht bei den Verbrauchern ankommen“, sagte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
„Eine bessere Idee wäre gewesen, die Mehrwertsteuer auf Medikamente abzusenken“, so Fahimi weiter. „Das würde direkt bei den Krankenkassen und damit bei der Versichertengemeinschaft ankommen.“ Die Gastronomen hingegen hätten bereits angekündigt, die Senkung nicht an die Kundschaft weiterzugeben.
Angespannte Lage im Gastgewerbe
Bei ihrer Kritik lässt Fahimi jedoch unberücksichtigt, in welcher prekären Lage sich das Gastgewerbe bereits über einen längeren Zeitraum befindet.
Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres ist das Gastgewerbe noch tiefer in die Krise gerutscht, wie das Statistische Bundesamt berichtete. So sind nach vorläufigen Ergebnissen die Umsätze im Vergleich zum ohnehin schwachen Vorjahreszeitraum noch einmal um 3,7 Prozent gesunken. Dem Gastgewerbe droht damit bereits das sechste Verlustjahr in Folge!
Steuersenkung als Entlastung für die gebeutelte Branche
Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2026 dauerhaft von derzeit 19 auf 7 Prozent reduziert werden. Für Restaurants, Cafés und Hotels ist das aufgrund der aktuell angespannten Lage daher ein starkes Signal – viele Betriebe kämpfen seit Jahren mit massiv gestiegenen Energie-, Lebensmittel- und Personalkosten. Die Entlastung könnten daher dazu beitragen, Existenzen zu sichern und das Angebot für Gäste stabil zu halten.
So sieht Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Dehoga Bundesverbandes, in der Entscheidung für eine 7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt regionaler und kulinarischer Vielfalt – sowie ein klares Bekenntnis zur bedeutenden Rolle der Gastronomie.
"Das Kabinett würdigt mit seiner Entscheidung die herausragende Rolle der Gastronomie: als starke Wirtschaftskraft, bedeutender Jobgarant und unverzichtbarer Integrationsmotor. Unsere Branche ist Ort der Begegnung und des Austauschs, unverzichtbar für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land – heute wichtiger denn je", betont die Dehoga-Hauptgeschäftsführerin.
Angesichts der massiv gestiegenen Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal "ist diese Entlastung dringend notwendig", betont auch Markus Suchert, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Systemgastronomie (BdS). Viele Betriebe würden die Folgen der Coronakrise noch immer deutlich spüren, da Gäste aufgrund höherer Alltagskosten auf Restaurantbesuche verzichten mussten. Gleichzeitig hätten die überwiegend mittelständischen Unternehmen der Systemgastronomie die Belastungen aufgrund der erhöhten Preissensibilität der Gäste nicht vollständig weitergeben können und hätten diese selbst tragen müssen – "mit erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen", erklärt Suchert.
Der BdS-Hauptgeschäftsführer ist sich sicher, dass die Betriebe die Steueranpassung verantwortungsbewusst nutzen werden, um in den Standort Deutschland zu investieren, das Angebot sowie das Restauranterlebnis für ihre Gäste weiterzuentwickeln und zehntausende neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Dehoga: „Wo Spielräume bestehen, werden unsere Gastronomen diese nutzen“
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warf der Branche bereits vor, dass diese die Steuersenkung nicht an Gäste weitergeben werde und sie somit allein den Wirten, nicht aber dem Personal und den Kunden zugutekommen werde.
Hierzu betont die Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges erneut: "Ich bin überzeugt: Wo Spielräume bestehen, werden unsere Gastronomen diese nutzen – für Investitionen in ihre Betriebe, in Mitarbeiter sowie auch für preisattraktive Angebote, um verlorene Gäste zurückzugewinnen."
Klar sei jedoch auch, dass die Branche ebenso wie die Verbraucher unter massiv gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel und Getränke leide. Hinzu kämen in der Gastronomie noch die Personalkosten, bei denen es zu berücksichtigen sei, dass der Mindestlohn zum 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro (+8,4 Prozent) und ein Jahr später auf 14,60 Euro (+5 Prozent) steigt. „Ob und in welchem Umfang Preissenkungen möglich sind, hängt maßgeblich von der weiteren Kostenentwicklung ab“, schränkt Hartges daher eine mögliche Preissenkung in den Speisekarten ein.
Auch wenn Gäste somit vielleicht keine Preissenkungen in den Speisekarten vorfinden, profitieren sie dennoch indirekt von der Steuersenkung in der Gastronomie. Denn die Steuerentlastung stabilisiert die Branche, verhindert dadurch Schließungen und sorgt dafür, dass Restaurants auch künftig vielfältige kulinarische Angebote machen können.
(dpa/Dehoga/BdS/SAKL)