HOGAPAGE-Interview

Markus Suchert: „Ich hoffe, dass die Politiker erkennen, dass sie die Weichen falsch gestellt haben“

Markus Suchert
BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert (Foto: © BdS)
Es scheint entschieden: Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll wieder auf 19 Prozent angehoben werden. Bei BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert trifft diese Entscheidung auf Unverständnis. Im Interview mit HOGAPAGE spricht er darüber, welche Chancen er jetzt noch für die 7-Prozent-Mehrwertsteuer sieht und was die Branche jetzt tun kann. 
Dienstag, 21.11.2023, 14:21 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Herr Suchert, wie bewerten Sie die Entscheidung der Ampel-Koalition, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent anzuheben?

Sollte es bei dieser Entscheidung bleiben, hätte dies katastrophale Auswirkungen auf die gesamte Gastronomie. Die Wirtschaftlichkeit der gastronomischen Unternehmen und damit Tausende von Arbeitsplätzen stehen auf dem Spiel. Tatsache ist doch, dass die Unternehmen nach wie vor mit extrem schweren Rahmenbedingungen zu kämpfen haben – mit enormen Kostensteigerungen bei Energie, inflationsbedingt hohen Lebensmittelkosten, mit Arbeitskräftemangel, steigenden Personalkosten und drohenden Werbeverboten für einen Großteil der Produkte der Systemgastronomie. Statt für eine dringend benötigte Entlastung zu sorgen, wird die Branche zusätzlich belastet.

Wie enttäuscht sind Sie von der Politik?

Ich bin enttäuscht und kann die Entscheidung der Regierungskoalition nicht nachvollziehen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat nichts mit der Mehrwertsteuer in der Gastronomie zu tun. Die Gastronomie und ihre Gäste dürfen kein Kollateralschaden eines Grundrechtsverstoßes der Politik werden. Zudem hatte die Politik im Bundeswahlkampf 2021 der Branche die dauerhafte Entfristung zugesagt.

Welche Chancen sehen Sie, dass es vielleicht doch bei den 7 Prozent bleibt?

Noch ist Zeit für eine Korrektur des Kurses und ich hoffe, dass die Politiker der Ampel-Koalition einen sachlichen Diskurs führen und erkennen, dass sie die Weichen falsch gestellt haben.

Was kann die Gastronomiebranche jetzt noch tun, damit vielleicht doch noch die 7-Prozent-Mehrwertsteuer beibehalten wird?

Das, was sie bisher auch getan hat: Nämlich gemeinsam weiter mit guten Argumenten kämpfen und den Dialog mit der Politik konstruktiv fortsetzen. Die Restaurants, Cafés und Caterer haben eine große Bedeutung für die Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland. Betroffen sind ganze Wertschöpfungsketten wie Lebensmittel- und Getränkehersteller, Fachgroßhändler sowie die Landwirtschaft, die Tourismuswirtschaft und viele weitere Partner.

Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Gastronomiebranche durch eine Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent?

Die Auswirkungen wären für alle immens. Die Gastronomen müssten die Kostensteigerungen wohl zu einem Großteil an die Gäste weitergegeben, mit der Folge, dass sich bestimmte Gästegruppen einen Restaurantbesuch nicht mehr leisten könnten. Geringere Besucherzahlen wiederum werden mittelfristig dazu führen, dass zahlreiche gastronomische Betriebe schließen müssen. Die gastronomische Vielfalt steht auf dem Spiel. Umsatzverluste bei Lieferanten und Partnern sind damit ebenfalls vorprogrammiert.

Übrigens: Bereits jetzt ist ein verändertes Gästeverhalten zu erkennen. In den vergangenen Monaten wurden nach aktuellen Berechnungen auf Basis des Crest-Verbraucherpanels des Marktforschers Circana Group GmbH erste sogenannte Trading-Down-Effekte beobachtet, also die Verschiebung von Besuchen von höher- in niedrigpreisigere Segmente. Bei den notwendigen Preiserhöhungen wird von einer weiteren Verstärkung dieses Effektes ausgegangen.

Was empfehlen Sie Gastronomen, um mit den Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung umzugehen und wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, sollte sie tatsächlich durchgesetzt werden?

Für die Gastronomen wird es sehr schwierig und ein Patentrezept habe ich leider nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik erkennt, dass die Branche Unterstützung braucht und verdient. Und genau dafür werden wir uns auch weiterhin mit aller Kraft einsetzen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Suchert! 

(SAKL)

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