Klingbeil warnt: 7-%-Mehrwertsteuer in Gefahr!
Nach dem Willen der Bundesregierung soll im kommenden Jahr die Mehrwertsteuer für die Gastronomie gesenkt und die Pendlerpauschale erhöht werden. Doch diese Pläne drohen nun zu scheitern. Der Grund: Die Bundesländer sind nicht bereit, die Entlastungen mitzutragen. Sie fordern einen Ausgleich für die Steuerausfälle.
Mahnende Worte hierzu kommen von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil: „Sehr klar ist: Es wird keine Kompensation des Bundes geben. Wenn einige unionsgeführte Länder das nicht wollen, gefährden sie die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie, die Entlastung von Pendlern und die Stärkung des Ehrenamts. Ich glaube nicht, dass sie das riskieren wollen.“
Klingbeil forderte daher, dass das Entlastungsgesetz wie geplant zum 1. Januar 2026 in Kraft treten zu lassen: „Jetzt müssen die Länder wie verabredet dieses Paket mittragen. Es geht um Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger.“
Bundesländer fürchten Milliardeneinbußen
Der Bundesrat hatte erst am Freitag vor erheblichen Einnahmeausfällen durch die geplanten Steuerentlastungen für Pendler und Gastronomie gewarnt und den Bund um Kompensation gebeten. Der Gesetzentwurf führe zu Steuerausfällen von 2026 bis 2030, die etwa zur Hälfte von Ländern und Gemeinden zu tragen seien, kritisierte die Länderkammer in einer Stellungnahme. Bei den Ländern laufe es auf Ausfälle von 11,2 Milliarden Euro hinaus und bei den Gemeinden auf 1,4 Milliarden Euro.
Das Bundeskabinett hatte die Gesetzespläne auf den Weg gebracht, mit denen die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie 2026 von 19 auf 7 Prozent sinken soll. Die Pendlerpauschale, mit der man Fahrtkosten zur Arbeit absetzen kann, soll ab dem ersten Kilometer steigen. Die Vorhaben sind wichtige Anliegen der CSU. Das Gesetz sieht zudem eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale vor.
Als Nächstes ist der Bundestag am Zug, über das Gesetz zu entscheiden. Nach einem Parlamentsbeschluss kommt es danach nochmals in den Bundesrat und bedarf seiner Zustimmung. Der Bundesrat könnte die Pläne demnach mit seinem Veto stoppen.
DZG schlägt stärkeren Länderdialog vor
Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) mahnt angesichts der wieder aufflammenden Debatte über die reduzierte Mehrwertsteuer auf Speisen einen intensiveren Austausch zwischen der Gastwelt (Tourismus, Hospitality, Foodservice und Freizeit) und den Bundesländern an.
„Die Länder tragen einen Teil der Einnahmeausfälle – ihre Perspektive zählt für die Umsetzung der Reduzierung mindestens genauso“, erklärt DZG-Vorstandssprecher Dr. Marcel Klinge. „Den Ländern muss aber auch klar sein: Die wahren Kosten für ihre Haushalte entstehen nicht durch die Mehrwertsteuerreduzierung, sondern mittelfristig durch den Verlust an Lebensqualität, regionaler Attraktivität und Arbeitsplätzen.“
Gerade in ländlichen Regionen sei die Gastwelt nicht nur ein zentraler Wirtschaftsfaktor, sondern ein sozialer Anker – mit Treffpunkten, Ausbildungsplätzen und Integrationsangeboten. Fielen diese weg, drohten verödete Ortskerne, sinkende touristische Attraktivität und strukturelle Abhängigkeit von Förderprogrammen.
„Wer die Gastwelt schwächt, zahlt wenig später mit höheren Sozialausgaben, mit der Notwendigkeit, Innenstadtimpulse teuer zurückzukaufen – und verliert auf dem Weg junge Menschen, Fachkräfte und Lebensqualität. Das muss auch den Landespolitikern klar sein.“
Neue Serviceoffensive
Die Denkfabrik wirbt deshalb flankierend für eine neue Serviceoffensive der Branche in 2026: „Die Entlastung ist nicht nur finanzielle Hilfe, sie ist ein Vertrauensvorschuss. Diesen gilt es jetzt einzulösen“, so Klinge.
In vielen Betrieben sei das Angebot nach Corona aus Personal- und Kostengründen reduziert worden: kürzere Öffnungszeiten, weniger Auswahl, eingeschränkte Betriebszeiten in Restaurants. Jetzt müsse die Branche zeigen, dass sie diesen Trend umkehren will: mit mehr Service, Investitionen in Qualität und Ausbildung sowie sichtbarem Mehrwert für die Bevölkerung.
Zugleich müsse die Gastwelt proaktiv auf politische Bedenken reagieren, etwa im Hinblick auf Steuerumgehung oder Schwarzarbeit. „Hier braucht es keine Abwehrhaltung, sondern offensive Transparenz. Wer nachvollziehbar zeigt, dass Entlastung und Verantwortung zusammengehören, entzieht der Kritik den Boden“, erklärt Klinge.
Die DZG kündigt an, in den kommenden Wochen aktiv das Gespräch mit den Verantwortlichen in den Ländern zu suchen, um die regionale Bedeutung der Gastwelt mit Zahlen, Studien und Praxisbeispielen zu unterfüttern. Klinge abschließend: „Die Sicherung der Gastwelt ist keine Klientelpolitik, sondern sie ist eine Investition in vitale Regionen, attraktive Innenstädte und eine wirtschaftlich tragfähige Zukunft.“
(dpa/Tagesschau/SAKL)