Hotelverband fordert flexiblere Visa-Konditionen
„Wir brauchen auch jenseits aller ‚Brexit hin – Brexit her‘-Verunsicherungen ganz allgemein einfachere, flexiblere und schnellere Visa-Beantragungen, damit der Tourismus ein starker europäischer Wirtschaftsfaktor bleibt“, ließ der Vorsitzende des Hotelverband Deutschland (IHA) Otto Lindner im Rahmen der derzeitigen EU-Verhandlungen verlauten. Der Hintergrund: Der aus dem Jahr 2009 stammende europäische Visa-Kodex ist eine Verordnung der Europäischen Union, die das Visumverfahren für Drittstaatsangehörige regelt, die in den Schengen-Raum kurzzeitig einreisen und sich dort aufhalten möchten. Dieser wird nun auf Grundlage eines Änderungsvorschlags der Europäischen Kommission überarbeitet, wobei das Parlament und der Rat ihre Standpunkte Ende 2018 festgelegt haben. Der Hotelverband Deutschland (IHA) sieht ebenso wie der europäische Dachverband HOTREC allerdings noch konkreten Nachbesserungsbedarf.
No-shows in der Hotellerie vermeiden
„Visabeantragungen sollten zur Entlastung der Hotellerie von vermeidbaren No-shows nicht mehr nur bei Nachweis einer Unterkunft beantragt werden können. Wir wissen mit dieser Forderung den Europäischen Rat an unserer Seite. Visabeantragungen sollten zumindest auch bei einer Reisekostenübernahme bzw. durch entsprechenden Nachweis von Reiseagenturen beantragt werden können. Damit könnte das Problem unechter Hotelzimmerbuchungen zumindest entschärft werden. Denn Hotelzimmer werden in zunehmender Zahl ‚ins Blaue hinein‘ gebucht und wieder storniert, sobald das Visum erstellt ist“, erläutert IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe.
Auch Aufenthaltsgrund soll als Prüfungskriterium berücksichtigt werden
Nach Auffassung des Hotelverbandes kann die Länge des Aufenthaltes auch nicht das einzige Prüfungskriterium für den Mitgliedstaat sein, wie es die Kommission geregelt sehen will. IHA und HOTREC stimmen auch hier mit dem Rat überein, dass die Aufenthaltsdauer, aber auch der Aufenthaltsgrund als Prüfungskriterium herangezogen werden sollten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit für den potenziellen Touristen, seine Visabeantragung in einem Konsulat eines anderen EU-Mitgliedstaates einzureichen, sollte das zuständige Konsulat nicht nahe gelegen sein oder im Land gar nicht vertreten sein. Dies entspricht der Position des Parlaments. Der Europäische Rat möchte es dem Mitgliedstaat überlassen, ob dieser Anträge für einen anderen Mitgliedstaat annimmt oder nicht. Der Hotelverband unterstützt ferner die Position des Parlaments, eine Visabeantragung innerhalb von 10 Tagen nach Einreichung des Antrags auch zu bescheiden und spricht sich gegen den verpflichtenden Nachweis einer Reisekrankenversicherung aus. Der Rat setzt eine Reisekrankenversicherung voraus und legt sich auf 15 Tage fest, die nach Beantragung vergehen dürfen, bis der Antrag beschieden werden soll.
Befragung des Antragstellers per Videokonferenz gefordert
Der Hotelverband begrüßt ausdrücklich die bereits im Kommissionsvorschlag vorgesehene Möglichkeit, eine Befragung der Antragstellenden z.B. auch mittels Videokonferenz anstelle eines physischen Besuchs in der jeweiligen Botschaft zu ermöglichen. Um das wirtschaftliche Potenzial des Tourismus besser entfalten zu können, spricht sich der Hotelverband auch für möglichst niedrigere Visaantragsgebühren aus. Auch hier sind der Rat (60 Euro) und die Kommission (80 Euro) noch unterschiedlicher Auffassung.