Statement

„Konsequent regional einkaufen ist nicht per se umweltfreundlich“

Jonas Herber
Jonas Herber, Küchenchef im Restaurant Eppard in der 100 Guldenmühle (Foto: © 100 Guldenmühle)
Seit dem Herbst letzten Jahres ist Jonas Herber neuer Küchenchef im Restaurant Eppard in der 100 Guldenmühle bei Ingelheim. Nun macht er mit einem Statement auf sich aufmerksam: „Pauschal nur regional einzukaufen ist nicht meins!“ Was er genau damit meint, erklärt er im folgenden Statement.
Dienstag, 12.04.2022, 16:11 Uhr, Autor:Sarah Kleinen

„Ja, zu dieser Aussage stehe ich tatsächlich. Allerdings sollte man sie natürlich relativiert sehen. Trends kommen, Trends gehen. Klar, wenn man das so ganz allgemein sagt, dann ist der Trend „Regionalität“ etwas Positives: logistisch keine weiten Transportwege, sprich, es wird CO2 eingespart. Und man unterstützt die eigene Wirtschaft. Bei letzterem Punkt stellt sich allerdings die Frage: Wo fängt die an und wo hört sie auf? Kommune? Kreis? Land? Bund? EU…? Pauschal kann man also gar nicht so genau sagen, was eigentlich „regional“ bedeutet und wie man es definiert. Außerdem finde ich diese Denke etwas egoistisch, nur aus Prinzip bei einem Lieferanten zu kaufen, weil der oder die zufällig in der eigenen Stadt liegt. Vielleicht ist ein Mitbewerber etwas weiter entfernt, mit seinem Preis-Leistungs-Verhältnis aber viel attraktiver.“

Lieferung per Diesel-Traktor oder aus Spanien mit der Post?

„Ein zweiter Aspekt erscheint mir jedoch noch maßgeblicher. Pauschal zu sagen, je näher am Verbrauchsort – bei mir also dem Restaurant – ein Produkt erzeugt wird, desto besser ist es für die Umwelt, ist nur die halbe Wahrheit, finde ich. Zum einen werden eine ganze Reihe von kaum exotisch anmutenden Lebensmitteln wie beispielsweise Rosinen, Erdnüsse, Bananen, fast sämtliche Gewürze, Meeresfische und eigentlich sämtliches Gemüse in den Nicht-Sommermonaten nur weit entfernt angebaut oder gefangen. Hier sind uns als Koch und Verbraucher ohnehin die Hände gebunden. Dann kommt es ja noch darauf an, wie ein Produkt seinen Weg zu mir in die Küche findet: Geht es direkt oder über den Umweg über eine Großmarkthalle? Und wie von dort hier ins Dörfchen? Muss es energieaufwändig tiefgekühlt werden? Kommt ein Landwirt wenige Kilometer von hier mit seinem uralten Diesel-Traktor zur Auslieferung hergefahren? Oder bekomme ich beispielsweise Safran aus Spanien mit der Post – die so oder so ausgeliefert wird.“

Man muss von Fall zu Fall entscheiden, was besser für die Umwelt ist

„Was ich damit sagen möchte ist: Regionalität ist nicht per se mit umweltfreundlich gleichzusetzen. Es ist von Fall zu Fall anders und es muss daher auch von Fall zu Fall anders entschieden werden. Zweifelsohne jedoch liegt es auf der Hand, dass wir langfristig das Schippern von Waren rund um den Erdball reduzieren müssen. Meine oberste Priorität ist: Es muss meinen Gästen schmecken. Ich wäge also ab: Schalentiere zum Beispiel haben wir grundsätzlich nicht auf der Karte – obwohl es inzwischen ja auch bayerische Garnelen gibt. Klar: Obst und Gemüse, das hier in der Umgebung angebaut wird, beziehen wir auch aus der Region. Was jedoch bringt es, die gewachsene Partnerschaft beispielsweise zu einer Rinderzucht zu beenden, nur weil eine andere näher ist, aber vielleicht gar nicht die gleiche Qualität liefert?“

 (100 Guldenmühle/max.pr/SAKL)

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