Restaurantkritiker stänkert in Pariser Nobelrestaurant
Die französische Haute Cuisine ist eigentlich über jeden Zweifel erhaben. Dachte sich auch der britische Restaurantkritiker Jay Rayner. Wenn einer ein Haar im Hummercremesüppchen findet, dann der erfahrene Food-Journalist. So geschehen im noblen „Le Cinq“, das prominent an der Champs Elysées gelegen, das kulinarische Aushängeschild des 5-Sterne-Hauses „Four Seasons Hotel George V“ ist. Was Rayner dort serviert bekam, dreht selbst einem hartgesottenen Briten den Magen um. Schenkt man den Worten des Restaurantkritikers Glauben, so erscheinen die drei Michelin-Sterne, die das Restaurant einheimsen konnte, wie ein zufälliger Gewinn in der bulgarischen Fernsehlotterie. Dort in Paris, wo sich die Schönen und Reichen gemeinsam mit Touristen den Gehweg teilen, liegt das „Le Cinq“. Für den Otto-Normal-Tourist aus Bochum ein sündhaft teures Pflaster. Jay Rayner spricht in diesem Zusammenhang nur noch von einem „Tatort“. In der britischen Tageszeitung „The Guardian“ ist Rayners Restaurantkritik abgedruckt – sie liest sich wie ein Potpourri verletzter Eitelkeiten aus dem 18 Jahrhundert, als sich die Kriegsschiffe der britischen und französischen Krone regelmäßig im Atlantik die Kanonenkugeln um die Ohren schossen.
„Teppiche dämpfen die Schreie der Gäste“
Teppiche im Restaurant seien da, um „die Schreie der Gäste abzudämpfen“. Der Saal habe eine Deko „in various shades of taupe, biscuit and fuck you“. Ein Schemel für Damenhandtaschen setze der grotesken Szenerie dann noch die Krone auf. Preislich gibt sich das Pariser Restaurant angesichts der Lage und des Renommees keine Blöße. Egal ob Vorspeise oder Hauptspeise: los geht es bei 70 Euro, schreibt Tobias Dorfer vom blog.zeit.de. Rayner kam in den „Genuss“ mehrer Speisen, u. a. auch einem Kanapee, das der angeekelte Restaurant-Profi als „transparenten Ball auf einem Löffel“ beschreibt. Er sehe aus „wie in Brustimplantat aus Silikon für eine Barbiepuppe“. Alles schmecke laut Rayne nach „abgestandener Luft mit einem Hauch Ingwer. Eine Bergleiterin des „Guardian“-Autors wird mit den Worten zitiert: „Das ist, wie in ein Kondom zu beißen, das bei einem gammeligen Obsthändler liegengeblieben ist.“ Was folgt sind weiter wenig schmeichelnde Worte für die Koch- und Drapierkünste des „Le Cinq“. Der Restaurantkritiker spricht in seinem Text noch von „Katzenhintern“ und „Fußböden bei Teenagerpartys“.
If you haven’t yet read @jayrayner1’s latest review, you must! https://t.co/88GMzjAMKX Then catch him live at #awf17 https://t.co/6RZ68WONKO
— AucklandWritersFest (@AklWritersFest) 10. April 2017
Jay Rayners Fazit fällt dementsprechend semi-optimal aus: „In terms of value for money and expectation ‚Le Cinq‘ supplied by far the worst restaurant experience I have endured in my 18 years in this job.“ Seine schlimmste Erfahrung in 18 Jahren Food-Journalismus… Rayners Hunger kostete 630 Euro. Er bezahlte aber nur 600, weil er die „gefrorene Petersilie zum Käsekuchen“ zuvor reklamiert hatte.
Due to vast demand – one stroppy tweeter called @TheNewCurrent – here’s pic of the Cinq bill. 600€ would have been 630€ incl horrid dessert pic.twitter.com/VlK73XUHYb
— Jay Rayner (@jayrayner1) 9. April 2017
(blog.zeit.de / FL)