Ist Geiz wirklich geil?

Warum schätzen die Deutschen hochwertiges Essen so gering?

qualitativ hochwert zubereitete Speise
Der Journalist Jakob Strobel y Serra geht in seinem in der FAZ erschienenen Kommentar der Frage nach, weshalb die Deutschen ihre landeseigene Sterneküche so wenig wertschätzen (© Fotolia/Jessica)
Diese Frage stellt sich Jakob Strobel y Serra, stellvertretender Leiter des Feuilletons bei der FAZ, in seinem Feinschmecker-Kommentar. Vor allem an Fürsprechern der Haute Cuisine in der Öffentlichkeit fehle es.
Dienstag, 26.02.2019, 14:00 Uhr, Autor:Kristina Presser

Deutschland sei „ein kulinarisch tief gespaltenes Land, in dem einerseits so gut gekocht wird wie nie zuvor, was andererseits nur einen Bruchteil der Bevölkerung interessiert“ – so formuliert Jakob Strobel y Serra, stellvertretender Leiter des Feuilletons bei der FAZ, die Misere deutscher Verkostungsprioritäten. In seinem Kommentar anlässlich der Herausgabe des Guide Michelin 2019 versucht er zu eruieren, weshalb die Bundesbürger ihre landeseigene Küche, die heute so innovativ, aromatisch vielfältig und kulinarisch raffiniert ist wie noch nie, so wenig wertschätzen.

Von Schizophrenien und den größten Feiglingen
Jakob Strobel y Serras Vergleich trifft den Nagel auf den Kopf: Eine hohe fünfstellige Summe für ein neues Auto auszugeben, ist hierzulande gang und gäbe; 100 Euro für ein Menü zu zahlen gilt indessen meist als deplatziert. Nicht seine einzige Entlarvung unserer sozialen  „Schizophrenien“, wie er es nennt. Die „größten Feiglinge“ seien seiner Meinung nach aber Politiker, die medienwirksam Schnellimbiss-Gerichte verdrückten und gleichzeitig Buße täten, würden sie in einem Sternerestaurant gesichtet. An ihnen gehen wertvolle Fürsprecher für die Haute Cuisine in der Öffentlichkeit verloren. Überhaupt gäbe es, laut Jakob Strobel y Serra, davon recht wenige. Dagegen hallte ein großes Medienecho durch Magazine, Nachrichten und Online-Plattformen als erst kürzlich Johann Lafer und Thomas Bühner ihre Sterne-Restaurants schlossen – „all diese Meldungen werden als Beweis dafür bemüht, dass die Gourmetgastronomie ein Snobisten-Spleen sei und bald ganz verschwinden werde“, resümiert der Journalist, nur um diese fälschliche Auslegung promt zu korrigieren.

Erklärungsversuche
Denn die 16 Bundesländer könnten sehr wohl mit exzellenter Sterneküche aufwarten, die in den letzten Jahren durch viele kreative Kochtalente in neue Sphären gehoben wurde. (2018 wurden 300 Restaurants mit bis zu drei Michelin-Sternen dekoriert). Der Entdeckung neuer Geschmackskompositionen scheinen dabei kaum Grenzen gesetzt. Eigentlich also Anlass zur Hoffnung. Trotzdem können man „fast verzweifeln über die Ignoranz vieler Deutscher gegenüber ihrer Spitzenküche“, sieht man die vielen ausländischen Gäste in diesen Lokalen, wie es Jakob Strobel y Serra beschreibt. Und was sind seine Antworten darauf? Warum verschmähen wir qualitätiv anspruchsvolle Gerichte und weigern uns die absolut gerechtfertigten Preise dafür zu zahlen? Strobel y Serra kann nur mutmaßen. Wie so oft, dürfte es eine Kombination mehrerer Ursachen sein. Denn wie sollen wir handwerklich ausgezeichnet kreierte Speisen hoch achten, wenn unsere Geschmacksknospen durch industrielle Fertigprodukte verkommen sind, schon unsere Kleinen Fast Food und Fettbomben vorgesetzt bekommen und wir ohnehin lieber Take-away beim Chinesen um die Ecke bestellen, nur um uns das kochen zu sparen.

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