Gesellschaft

„Armutsbericht 2017“: Deutschland wird ärmer

Mann zählt Münzen
Von wegen „reiches Deutschland“! Nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtverbandes und anderen Organisationen geht die Armutsschere immer weiter auseinander. Das steht im „Armutsbericht 2017“. (© bilderstoeckchen / fotolia)
Die Schere zwischen Arm und Reich wird in Deutschland immer größer. Der Paritätische Wohlfahrtsverband beklagt eine dramatische Zunahme der Armut bei allen Risikogruppen und fordert die Politik auf, das Ruder herumzureißen.
Donnerstag, 02.03.2017, 15:32 Uhr, Autor: Felix Lauther

Die Armut in Deutschland ist auf einen neuen Höchststand von 15,7 Prozent angestiegen, so der Befund des aktuellen „Armutsberichts“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der dieses Jahr wieder unter Mitwirkung weiterer Verbände und Fachorganisationen erscheint. Nach Aussagen des Verbandes markiert dieser Höchstwert einen mehrjährigen Trend wachsender Armut. Er fordert die Politik zu einem entschlossenen Handeln in der Arbeitsmarktpolitik, beim Wohnungsbau, in der Bildung und dem Ausbau sozialer Dienstleistungen und Angebote in den Kommunen auf. Voraussetzung für eine offensive Armutsbekämpfung sei ein rigoroser Kurswechsel in der Steuer- und Finanzpolitik.

Nordrhein-Westfalen ist am ärmsten
Erstmals ermöglicht der Bericht des Paritätischen einen Zehn-Jahres-Vergleich. Auffällig sei dabei der Rückgang der Armutsquote in allen ostdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Berlins. Auf der anderen Seite stieg die Armut in allen westdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Hamburgs und Bayerns merkbar an. Als besondere Problemregionen identifiziert der Bericht im Zehn-Jahres-Vergleich die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl, der Bevölkerungsdichte und der längerfristigen Trends müssten das Ruhrgebiet und Berlin als die armutspolitischen Problemregionen Deutschlands angesehen werden.

Armutsquote bei Rentnern ist besonders hoch
Alarmierend sei im Zehn-Jahres-Vergleich insbesondere die Armutsentwicklung bei Rentnerinnen und Rentnern. Ihre Armutsquote stieg zwischen 2005 und 2015 von 10,7 auf 15,9 Prozent und damit um 49 Prozent, ein völliger „Ausreißer in der Armutsstatistik“. Durchgreifende Reformen in der Alterssicherung seien daher unausweichlich, um Altersarmut vorzubeugen, wie der Verband bei der Veröffentlichung seines Berichts mitteilt. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagt Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes  „Wir haben es wieder mit einem zunehmenden Trend der Armut zu tun. Die wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich schon lange nicht mehr in einem Sinken der Armut nieder.“

Kritik am „Armutsbericht 2017“
Widerworte zum „Armutsbericht“ kommt vom Städte- und Gemeindebund. Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ entgegnet der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg, dass der Armutsbericht zu undifferenziert sei. Menschen mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens als arm zu bezeichnen, halte er für „zu pauschal“.

(dpa / Neue Osnabrücker Zeitung / Paritätischer Wohlfahrtsverband / FL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Bärbel Bas
Prüfung
Prüfung

Bärbel Bas will Subunternehmerverbot für Essenslieferdienste

Recherchen des rbb decken Arbeitsrechtsverstöße bei Subunternehmen von Essensbestellplattformen auf. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will nun ein Direktanstellungsgebot für die Branche prüfen.
Abstimmung bei der 45. Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 28.11.25 in Berlin.
Beschluss
Beschluss

Bundestag beschließt Haushalt 2026 – mit hohen Schulden

Das Budget der Regierung für 2026 steht. Die Opposition spricht vom „größten Haushalt ever“ – doch sieht falsche Prioritäten. Wofür darf Schwarz-Rot im nächsten Jahr Geld ausgeben?
Vier Tage lang debattieren die Parlamentarier noch einmal die Etats für jedes einzelne Ministerium.
Haushaltsdebatte
Haushaltsdebatte

Der Haushalt 2026 im Bundestag: Wie viel und wofür?

Vier Tage Debatte, dann die endgültige Abstimmung: Der Bundestag entscheidet über den Etat für 2026. Mit neuen Schulden, die nur während der Corona-Pandemie höher waren.
Dr. Marcel Klinge
Impulse für Stadtentwicklung
Impulse für Stadtentwicklung

Stadtbild-Debatte: DZG schlägt Gastwelt-Gipfel im Kanzleramt vor

Lebendige Städte brauchen starke Begegnungsorte: Mit dem Vorschlag für einen „Gastwelt-Gipfel“ im Kanzleramt fordert die DZG einen bundesweiten Schulterschluss – und rückt die Bedeutung der gesamten Gastwelt für vitale Innenstädte ins Zentrum der politischen Debatte.
Zimmermädchen macht das Bett
Bayern
Bayern

Wird Bettensteuer-Verbot Fall für Bundesverfassungsgericht?

Das Verbot der Bettensteuer in Bayern bleibt bestehen. Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden. Die Staatsregierung freut sich – aber der Streit könnte bald an anderer Stelle weitergehen.
Christopher Vogt
Forderung
Forderung

Gastronomie unter Druck – Vogt will Entlastung für Betriebe

Steigende Kosten belasten die Gastronomie. In Schleswig-Holstein macht sich jetzt FDP-Fraktionschef Christopher Vogt für die Branche stark. Er hofft auf Entlastungen durch weniger Bürokratie und niedrigere Mehrwertsteuer und fordert ein klares Signal.
Zwei Küchenhilfen
Einkommen
Einkommen

Minijob-Grenze steigt 2026 auf 603 Euro

Millionen Minijobber können im kommenden Jahr mehr verdienen. Gekoppelt ist die Verdienstgrenze an einen anderen Wert, um den lange gerungen wurde.
v.l.n.r: Sven Rohde, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Hessen e.V.; Petra Boberg,  Moderatorin; Gisbert J. Kern, Hauptgeschäftsführer DEHOGA Hessen e.V.; Tanja Jost,  Mitglied des Hessischen Landtags CDU-Fraktion; Robert Mangold, Präsident DEHOGA  Hessen e.V.; Julia Frank, Co-Vorsitzende Bündnis 90/ Die Grünen Hessen; Jochen Ruths,  Präsident Handelsverband Hessen e.V.; Dr. Josefine Koebe, Generalsekretärin SPD  Hessen; Dr. Thorsten Lieb, Vorsitzender FDP Hessen
Impulse
Impulse

Hessisches Gastgewerbe setzt auf kommunalpolitische Veränderungen für Wachstum und Stabilität

Im Austausch mit Hessens Spitzenpolitik betont die Branche, wie wichtig klare Perspektiven für Gastronomie und Hotellerie sind. Arbeitskräftegewinnung, weniger Bürokratie und lebendige Innenstädte stehen dabei im Mittelpunkt der Forderungen vor den Kommunalwahlen 2026.
Inflation
Preise
Preise

Inflation lässt leicht nach

Das Leben in Deutschland verteuert sich nicht mehr ganz so stark. Doch die Inflation hält sich weiterhin über zwei Prozent. Was bedeutet das für Hotelliers und Gastronomen?