Bedrohung für die Gastronomie?

Chef.One: Gastgeber ohne Ausbildung oder Verpflichtung?

Ein junger Mann mit Schürze sitzt auf der Arbeitsfläche seiner Küche, rührt in einem Kopf und blickt dabei auf den Laptop, den er auf seinen Knien hält
Während Gastronomen unzählige Auflagen und Vorschriften erfüllen müssen, können Laien bei Chef.One ohne Kontrolle gewerblich kochen. (Foto: theartofphoto/fotolia)
Mit der App Chef.One können Laien fremde Menschen zu sich nach Hause einladen, um für diese zu kochen, gegen Bezahlung. Das Airbnb-Konzept für Dinner-Partys kommt hervorragend an. Bereits jetzt hat sie über 35.000 registrierte Nutzer. Was bedeutet das für die Gastronomie?
Mittwoch, 29.11.2017, 15:26 Uhr, Autor: Markus Jergler

Das Konzept der neuen App ist denkbar simpel. User können sich auf der Plattform registrieren und ein Benutzerkonto anlegen. Damit ist es ihnen möglich, ihre eigene Wohnung für Dinner-Partys zur Verfügung zu stellen.

Ein Beispiel: Max Mustermann aus Berlin registriert sich auf Chef.One und erstellt anschließend für die kommende Woche eine Veranstaltung für ein gemütliches Abendessen in seiner Wohnung. Dabei legt er gleich fest, um wie viel Uhr es los geht, was es zu essen gibt, wie viele Plätze dafür vorhanden sind und was ein einzelner Platz kostet. Jeder registrierte Nutzer kann sich dann für das Dinner bei Max anmelden. Die Anmeldungen sind verbindlich und das Geld wird sofort überwiesen. Davon kauft Max die notwendigen Zutaten, was übrig bleibt, ist sein persönlicher Gewinn.

Gewerbliche Tätigkeit?
Natürlich ist es prinzipiell eine schöne Idee, dass beispielsweise Studenten eine derartige Plattform nutzen können, um in einer fremden Stadt neue Menschen kennenzulernen und Anschluss zu finden. Was aber ist mit Privatpersonen, die regelmäßig solche Dinner veranstalten, um damit einen netten Nebenverdienst zu erhalten? Damit liegt ganz klar gewerbliches Treiben vor, wie bei einem Restaurant.

Zahlreiche Rechtliche Fragen
Während jeder echte Wirt dazu verpflichtet ist, Hygiene- und Brandschutzrichtlinien einzuhalten, getrennte Toiletten zur Verfügung zu stellen, Gewerbesteuer zu zahlen, etc., sind die Ein-Tages-Wirte davon zwar nicht offiziell befreit, doch Kontrollen dürfte es wohl keine geben. In Deutschland, wo echte Profis und ausgebildete Köche stark unter unzähligen Auflagen und Regularien leiden, können Laien und Hobbyköche also problemlos fremde Menschen gegen Bezahlung bewirten, obwohl diese ein viel größeres potentielles Risiko für die Gesundheit der „Gäste darstellen“, als echte Gastronomen. Auf der Website von Chef.One heißt es dazu lediglich in den „Grundsätzen“:

Als Gastgeber bist du selbstständig dafür verantwortlich, die für dein Angebot relevanten gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. CHEF.ONE dient nur als Plattform für die Vermittlung von Veranstaltungen und übernimmt keinerlei Haftung für ausgetauschte Leistungen. Daher muss du selbst prüfen, welche lebensmittelrechtlichen, hygienerechtlichen und verbraucherrechtlichen Bestimmungen für dich Anwendung finden. […] Als Gastgeber bist du dafür selbst verantwortlich dafür, dass du alle steuerlichen und gewerberechtlichen Bestimmungen einhälst. Dazu zählt z.B. auch die Versteuerung von Gewinnen, die du ggfs. als Gastgeber erzielst.

Schaden für die Gastronomie
Auch wenn die Nutzerzahlen scheinbar (noch) gering sind, drängen sich hinsichtlich solcher Social-Dining-Angebote zwangsläufig zahlreiche Fragen auf. Was ist beispielsweise, wenn jemand, nachdem er bei einem anderen zu Hause gegessen und dafür bezahlt hat, krank wird? Was passiert, wenn ein Gast einen nicht unerheblichen Schaden in der Wohnung des Gastgebers verursacht?  Auch beim DEHOGA Bayern ist die Problematik bekannt. Pressesprecher Frank-Ulrich John sieht hier noch viel Klärungsbedarf: „Das Angebot von Social-Dining-Angeboten wie Chef.One ist vor allem gegenüber der Gastronomie unfair und problematisch, denn derartige Konzepte sind letztendlich gewerblich ausgerichtet, ohne sich jedoch um die damit verbundenen Gesetze und Verordnungen zu kümmern. Hier gibt es enorm viel Erklärungsbedarf, um auf rechtliche, wirtschaftliche und auch gesundheitliche Risikofaktoren aufmerksam zu machen. Leider kann der Gesetzgeber hier nur hinterherhinken, da er auf solche Trends nur reagieren kann.“

(Stern.de/Chefone.com/MJ)

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