Tierliebe oder Täuschung: Imitate in Feinschmecker-Restaurants
Bereits im Jahre 1976 wurde ein großer Lebensmittelskandal mit „künstlichem“ Essen bekannt – allerdings nur fiktiv in der französischen Komödie „Brust oder Keule“ mit Louis de Funes . Diese damals recht aberwitzige Geschichte ist mittlerweile längst Realität geworden. Heutzutage gehören kulinarische Ersatzprodukte nicht nur zum Standardprogramm eines jeden größeren Supermarkts, sondern haben mittlerweile sogar die renommierte Spitzenküche erobert. Vor kurzem wurde die erste vegetarische Gänseleber in ein Restaurant mit aufgenommen. Was mittlerweile die Köche und Gäste darüber sagen…
Biedlingmaier: „Alle Gäste gratulierten bisher zu dieser Idee…“
Benjamin Biedlingmaier etwa arbeitet als junger Spitzenkoch im Dresdner Restaurant „Caroussel“ und bot als erster deutscher Koch eine vegetarische Gänsestopfleber an. Anfang des Jahres hatte er laut eigenen Aussagen begonnen, eine fleischlose Alternative zur klassischen „Foie Gras“ zu entwickeln, die er im Juni 2017 schließlich selbst mit dem Namen „Faux Gras“ bezeichnete. Die Hauptzutaten: Nüsse, Trüffel, Portwein und Fett. Biedlingmaier begründete seine Entscheidung mit zeitgemäßer Tierfreundlichkeit und erklärte dazu: „Die armen Gänse werden von uns Menschen durch qualvolle Mast gestopft. Und wirklich alle Gäste gratulierten bisher zur Idee, zum Mut und zum Geschmack.“ Mit Fake-Produkten wie Tofuwürstchen habe dieses Gericht nichts zu tun, so der Spitzenkoch weiter, stattdessen sei es die ehrliche Bezeichnung für ein wundervolles Produkt.
Steinheuer: „Ein Tofu kann kein Käse sein!“
Küchenmeister Hans Stefan Steinheuer zählt zu den besten deutschen Köchen und sieht auch nach einem vermeintlich erfolgreichen Testlauf das Ganze ein wenig anders: „Der Gast erwartet das Original, das besondere, das ausgezeichnete Produkt.“ Er stelle sich daher die Frage, welchen Sinn ein „Leber-Ersatz-Fake“ hat. Zudem solle seiner Meinung nach jeder Gast selbst entscheiden, welche Grenzüberschreitungen zu akzeptieren sind. Als Spitzenkoch sehe er sich als Hüter der besten Produkte und des besten Geschmacks und möchte seinen Gästen nichts Falsches unterjubeln. „Eine Bratwurst kann nicht vegan sein, ein Tofu kein Käse sein. Und die Soja-Geschichten mit dem genmanipulierten Zeugs – die Leute wissen ja gar nicht, was sie sich antun.“
Die Diskussionen um Imitate in der Spitzenküche haben gerade erst begonnen. Und das letzte Wort zwischen Befürwortern und Gegnern von falschen Lebern, Würstchen & Co ist wohl noch lange nicht gesprochen. (Manager Magazin/TH)