Forschung

Tiefkühlkette auf dem Prüfstand: Internationales Forschungsprojekt „FROSTEQ“ gestartet

Tiefkühlgemüse
Das internationale Forschungsprojekt FROSTEQ testet, ob Tiefkühlprodukte auch bei mehr als minus 18 Grad Celsius sicher und ohne Qualitätsverlust gelagert werden können. (Foto: © H. Brauer/stock.adobe.com)
Für mehr Nachhaltigkeit: Mit dem internationalen Forschungsprojekt FROSTEQ stellen Wissenschaft und Tiefkühlwirtschaft den globalen Standard der Tiefkühlkette erstmals auf den Prüfstand. Ziel ist es, herauszufinden, ob eine leichte Erhöhung der Tiefkühltemperatur Energie spart und CO₂-Emissionen reduziert – ohne Einbußen bei Qualität oder Sicherheit.
Donnerstag, 06.11.2025, 15:48 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

„Eine nachhaltigere Lebensmittelwirtschaft ist eine große, weltweite Zukunftsherausforderung“, sagt Sabine Eichner, Geschäftsführerin des Deutsche Tiefkühlinstitut e. V. (dti). „Die Tiefkühlwirtschaft optimiert ihre Wertschöpfungskette bereits seit vielen Jahren auf allen Ebenen hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aber angesichts des Klimawandels müssen althergebrachte Praktiken hinterfragt werden.“

Genau darauf zielt auch das internationale Forschungsprojekt „FROSTEQ – An initiative aimed at harmonizing Temperature, Energy, Quality and Safety in the Frozen Food Supply Chain" ab, das nun gestartet ist. FROSTEQ untersucht, ob sich durch eine Erhöhung der aktuell gesetzlich vorgeschriebenen Tiefkühltemperatur von minus 18 Grad Celsius Energiebedarf und CO2-Emissionen reduzieren lassen, ohne dabei die hohe Sicherheit und Qualität der Tiefkühlprodukte zu beeinträchtigen. 

Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren (2025 – 2029) und wird von der niederländischen Regierung gefördert. Initiator ist die niederländische Forschungsorganisation Wageningen Food & Biobased Research der Universität Wageningen. Als private Partner beteiligen sich internationale Akteure entlang der gesamten Tiefkühlkette, darunter Lebensmittelhersteller, Transport- und Kühlhausunternehmen, Hersteller von Haushaltsgeräten und Branchenorganisationen. Auch das Deutsche Tiefkühlinstitut e. V. (dti) unterstützt das Projekt mit seinen Mitgliedsunternehmen Apetito AG, Bofrost Dienstleistungs GmbH & Co. KG, Coldsense Technologies GmbH, Conditorei Coppenrath & Wiese KG, Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG und Salomon FoodWorld GmbH.

„Eine mögliche Erhöhung der gesetzlich vorgeschriebenen Tiefkühltemperatur könnte die große Chance bieten, Energieverbrauch und Kohlenstoffemissionen signifikant zu reduzieren“, stellt Eichner heraus. „Klar ist: Ein möglicher neuer Temperaturstandard muss für die gesamte internationale Lieferkette gelten.“

Aktueller globaler Tiefkühlstandard gilt seit über 100 Jahren

Seit der Erfindung der industriellen Schockfrostung vor mehr als hundert Jahren gilt der aktuelle globale Standard für die Lagerung und den Transport von Tiefkühlprodukten von minus 18 Grad Celsius (0 Grad Fahrenheit). Rechtlich verankert ist dies in der „Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel“ (TLMV).

Diese besagt, dass die vorgeschriebene Temperatur von mindestens minus 18 Grad Celsius über den gesamten Weg vom Hersteller bis in die Truhen des Lebensmittelhandels eingehalten werden muss und nur kurzfristig, bspw. beim Be- und Entladen, um maximal drei Grad nach oben abweichen darf.

Um die Sicherheit von tiefgekühlten Lebensmitteln zu gewährleisten, erlauben die Vorschriften in Deutschland und der EU derzeit also keine dauerhafte Abweichung von minus 18 Grad Celsius bei Transport und Lagerung von TK-Produkten.

Erste Tests durch Nomad Foods

Der international tätige Lebensmittelkonzern Nomad Foods, zu dem auch Iglo Deutschland gehört, Vorstandsmitglied im dti, hat zusammen mit seinem wissenschaftlichen Partner Campden BRI bereits exemplarisch neun TK-Produkte bei einer Lagertemperatur von minus 15 Grad Celsius untersucht.

Im Jahr 2024 wurden die Studienergebnisse veröffentlicht: Die getesteten Produkte zeigten keine signifikanten Veränderungen in der Lebensmittelqualität oder -sicherheit bei minus 15 Grad Celsius. Durch die Erhöhung um drei Grad Celsius konnte der Energieverbrauch um zehn Prozent gesenkt werden. 

Die Ergebnisse der Nomad Foods-Studie haben weltweit Akteure der internationalen Tiefkühlwirtschaft entlang der Tiefkühl-Wertschöpfungskette auf den Plan gerufen, die sich für einen vertieften wissenschaftlichen Fachdialog stark gemacht haben. 

FROSTEQ-Ziel: eine nachhaltigere Tiefkühlkette

Das internationale Forschungsprojekt FROSTEQ untersucht nun, welche Temperaturen notwendig sind, um die hohe Qualität und Sicherheit von tiefgekühlten Lebensmitteln während Transport und Lagerung ohne Abstriche zu gewährleisten. Dies geschieht nach strengen wissenschaftlichen Kriterien – umfassend für die komplette Kategorie und entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Dabei verbindet FROSTEQ Wissenschaft, Branchenexpertise und Verbraucherforschung mit dem Ziel, einen wichtigen Beitrag zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu leisten. Diese multidimensionale Zusammenarbeit soll sicherstellen, dass das im Rahmen von FROSTEQ gewonnene Wissen alle relevanten Interessengruppen erreicht, fundierte Entscheidungen ermöglicht und die Energieeffizienz in der Tiefkühlbranche weiter fördert.

Das dti arbeitet deshalb eng mit dem International Frozen Food Network (IFFN) zusammen, dem Netzwerk weltweit führender Tiefkühlorganisationen, darunter das dti, das American Frozen Food Institute (AFFI) und die British Frozen Food Federation (BFFF).

„Das Projekt FROSTEQ bietet uns die einmalige Möglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebene TK-Temperatur von minus 18 Grad Celsius in der gesamten Tiefkühlkette unter Produktqualitäts- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu überprüfen“, betont dti-Projektleiter Andreas Bosselmann, Lebensmittelchemiker und langjähriger ehemaliger Leiter des Internationalen Qualitätsmanagements bei Bofrost. „Die Auswirkungen einer Erhöhung der Tiefkühltemperatur unter realen Bedingungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg im Rahmen der Studie zu testen, sehen wir als Chance. Dabei hat für uns oberste Priorität: die hohe Qualität und Sicherheit unserer Tiefkühlprodukte.“

(dti/SAKL)

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