Neue Rebsorten in Deutschland

„Ein Glas VB Cal 6-04 bitte“

Ein Glas mit Wein und eine Weinflasche vor Weintrauben
In deutschen Weingläsern wird man künftig wohl verstärkt bislang unbekannte Rebsorten finden. (© fotolia.com/Igor Yaruta)
Klassische deutsche Rebsorten wie Riesling, Trollinger und Co. leiden unter Hitze und Trockenheit. Einige Züchter haben jetzt Alternativen entwickelt, die besser damit zurechtkommen.
Mittwoch, 22.08.2018, 09:37 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Es wird immer heißer in Deutschland. Das merken auch die Weinbauern, denen die hohen Temperaturen und geringen Niederschläge der vergangenen Wochen immer öfter Probleme mit ihren angestammten Rebsorten bereiten. Doch es gibt Abhilfe unter Namen wie Calardis blanc, Cabernet Cortis oder VB Cal 6-04: Was wie eine Formel aus dem Chemieunterricht klingt, sind in Wirklichkeit neue Rebsorten, die den Weinbau in Deutschland auch in Zeiten des Klimawandels sichern sollen. „Wir haben unseren Riesling am Kaiserstuhl gerodet, der Anbau ist bei steigenden Temperaturen nicht mehr sinnvoll“, sagt etwa der Direktor des Staatlichen Weinbauinstituts in Freiburg, Rolf Steiner.

Bei der Züchtung neuer Rebsorten geht es sowohl um die Anpassung an den Klimawandel als auch um die Entwicklung pilzwiderstandsfähiger Varianten. Die Neuen werden daher kurz «Piwi-Sorten» genannt. Bislang haben Piwi-Reben einen Marktanteil von etwa drei Prozent der Anbaufläche in Deutschland. Der größte Teil entfällt auf den schon länger eingeführten Regent, dem Experten aber keine Zukunft geben. Der Direktor des Julius-Kühn-Instituts für Rebenzüchtung auf dem Geilweilerhof in Siebeldingen (Kreis Südliche Weinstraße), Reinhard Töpfer, erwartet, dass es in zehn Jahren bereits zehn Prozent sein werden: „Der Klimawandel wird uns zu einem Sortenwandel zwingen.“

Riesling bald aus Schweden?
Der Riesling werde noch eine ganze Weile eine feste Größe im deutschen Weinbau sein. Aber Veränderungen seien unausweichlich. „Wir wollen nicht, dass wir künftig unseren Wein in Schweden produzieren.“ Riesling ist empfindlich gegen starke Sonneneinstrahlung, die Winzer sprechen von Sonnenbrand. Und wenn die Riesling-Trauben wie in diesem Jahr erwartet bereits im September reifen statt im Oktober, sind sie bei den dann wärmeren Temperaturen anfällig für den Fäulnispilz Botrytis. Für die Rebzüchter gehören somit Widerstandsfähigkeit gegen Pilzerkrankungen und Anpassung an den Klimawandel zusammen.

Für die Winzer sind die neuen Sorten eine doppelte Herausforderung. So gibt es kaum Erfahrung, welche Probleme bei An- und Ausbau auftreten können. Auch gebe es noch kein klares Geschmacksprofil für die einzelnen Piwi-Sorten, erklärt Martin Koch vom Weingut Abthof in Hahnheim. Er plädiert dafür, die Weine aus Piwi-Sorten mit einem möglichst hohen Qualitätsanspruch im Fass reifen zu lassen und die Verbraucher mit besonders guten Weinen zu überzeugen.

Konsumenten sind Gewohnheitstiere
„Neben all den vielen Vorteilen ist die schwierige Vermarktung die einzige Achillesferse der neuen Sorten“, sagt der Betriebsleiter im badischen Weingut Zähringer, Paulin Köpfer. Der Öko-Winzer im Markgräflerland setzt Piwis unter anderem für Cuvée-Weine ein, die für eine jüngere Zielgruppe flotte Phantasienamen bekommen. Weinkultur sei laut Köpfer  ein lebendiger Prozess. „Wir haben mit den Piwis die große Chance, neue Aromen zu entdecken.“ So wie von Biodiversität, von Artenvielfalt gesprochen werde, so sollte man auch Geschmacksdiversität, Vielfalt und kulturelle Unterschiede schätzen. „Viele Kunden kaufen den Grauburgunder, weil sie ihn einfach kennen. Dabei würden sie vielleicht mit einem Piwi-Wein wie dem Johanniter glücklicher.“ (dpa/CK)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Gurkeneis auf einem Teller angerichtet
Brennnessel- und Makreleneiscreme
Brennnessel- und Makreleneiscreme

In Litauen hat man Spaß an bizarren Eissorten

Es scheint, dass einfaches Vanilleeis in Litauen bald aus der Mode kommen könnte. Denn die Köche dort experimentieren mit verschiedenen natürlichen Aromen: frisches Gemüse, Blumen und sogar Bier.
Zwei Gläser Weißwein
Verbrauchertrends
Verbrauchertrends

Weißweinsorten weiter auf dem Vormarsch

Die deutschen Weinerzeuger setzen weiterhin verstärkt auf den Anbau weißer Rebsorten. Diese machen bereits zwei Drittel der Gesamtrebfläche aus.
Kartause Ittingen
Hochgenuss’20
Hochgenuss’20

Eine Bühne für Raritäten und Originale

Die Impulstagung „Hochgenuss`20“ des Branchenverbandes GastroSuisse am 30. und 31. März in der Kartause Ittingen steht ganz im Zeichen von regionalen Kostbarkeiten.
Flora Plant-Packungen
Weltpremiere
Weltpremiere

Vegane „Butter“ präsentiert

Ein neues Produkt namens „Flora Plant“ will seit kurzem allen Fans von Butter eine pflanzliche Alternative bieten und damit nicht nur den boomenden veganen Markt bedienen.
Auslagen eines Eissalons
Heiß auf Eis
Heiß auf Eis

Vanille, Haselnuss und Schokolade am beliebtesten

Eine aktuelle Umfrage der Wirtschaftskammer unter österreichischen  Eissalons zeigt, dass die Klassiker auch dieses Jahr bei den Kunden wieder hoch im Kurs stehen.
Ein ekllner schenkt ein Glas Wein ein
„Wine Pairing“
„Wine Pairing“

Ratgeber: Der richtige Wein zum Veggie-Essen

Ein Spätburgunder zum Schweinebraten, ein Riesling zum Fisch: Mit der klassischen Weinbegleiter-Regel können Hobbyköche nicht viel falsch machen. Doch welche Weine passen zu vegetarischen Gerichten?
Gratinierte Schnecken
Fastenspeisen
Fastenspeisen

Kulinarik im Zeichen der Schnecken

Schon im 19. Jahrhundert waren Schnecken in unseren Breiten eine beliebte Delikatesse. Seit einiger Zeit entdeckt man die kulinarischen Möglichkeiten dieser Weichtiere wieder.