Traubenlese

Ahrwinzer ernten besonderen Jahrgang

Weinrebe
Deutschlands Weinernte läuft derzeit auf Hochtouren. (Foto: © Romolo Tavani/stock.adobe.com)
Deutschlands Weinernte läuft auch im flutgeschädigten Ahrtal aktuell auf Hochtouren. 65 der 68 Weinbaubetriebe in dem als Rotweinparadies bekannten Flusstal sind von dem Hochwasser betroffen.
Montag, 04.10.2021, 15:39 Uhr, Autor: Martina Kalus

Eva Lanzerath schneidet mit ihrer Rebschere im Weinberg über der Ahr Trauben ab und lacht: „Die Weinlese ist ein besonderes Feeling, das darf für mich in keinem Jahr fehlen, auch nicht in diesem Corona- und Flutjahr.“ Die angehende Grundschullehrerin hat gerade ihre Amtszeit als 72. Deutsche Weinkönigin beendet. Sie stammt aus dem Ahrtal, in dem am 14. und 15. Juli eine Sturzflut nach extremem Starkregen vieles zerstört hat. 65 der 68 Weinbaubetriebe in dem als Rotweinparadies bekannten Flusstal sind von dem Hochwasser betroffen. Ihr Gesamtschaden wird auf 160 Millionen Euro geschätzt. Dennoch läuft Deutschlands Weinernte auch hier jetzt auf Hochtouren.

Zerstörte Rebflächen

Wie die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Daniela Schmitt (FDP) kürzlich mitgeteilt hat, sind rund 32 der 560 Hektar Rebflächen im Ahrtal völlig und teils metertief weggespült worden. Weitere 15 Hektar seien vom Hochwasser so überspült worden, dass dort dieses Jahr keine Trauben mehr gelesen werden könnten. Laut dem Geschäftsführer des Weinbauverbands Ahr, Knut Schubert, kostet der Aufbau eines neuen Weinbaubetriebs 1,2 bis 1,5 Millionen Euro. Bei zerstörten Rebflächen schlügen Neuanpflanzungen mit rund 60.000 Euro pro Hektar zu Buche, zudem könnten in den ersten drei Jahren noch keine Trauben gelesen werden. Die meisten Ahrwinzer haben nach Schuberts Worten keine Elementarschadenversicherung und hofften nun auf die Wiederaufbauhilfe von Bund und Ländern. Viele beschädigte Winzerbetriebe liegen unten im Flusstal. Ihre Rebflächen sind dagegen als höhere und Steillagen in dem Tal oft nicht beeinträchtigt worden.

Große Solidarität

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU), vor 25 Jahren selbst Deutsche Weinkönigin, hat von einer großer Solidarität der Winzer aus allen Regionen Deutschlands und der ganzen Welt gesprochen. Von überall aus der Branche kam Hilfe. Eva Lanzerath sagt: „Die Keller im Ahrtal sind größtenteils wieder hergerichtet oder die Winzer haben sich zusammengeschlossen und helfen sich gegenseitig oder haben Hallen angemietet. Hier kennt jeder jeden.“ Die Sturzflut im Juli hat auch Tausende Fahrzeuge im Ahrtal beschädigt. Laut Schubert haben mobile Werkstätten etliche Winzertraktoren repariert, vor allem ältere Modelle ohne viel Elektronik. Auch Weinpressen und Etikettiermaschinen seien instandgesetzt oder als Ersatz verliehen worden.

Hinzu kommen mehrere Spendenaktionen für Weingüter und Restaurants. Etwa die Hilfsaktion „Flutwein“ unter anderem des Ahrwein-Vereins mit örtlichen Gastronomen. Rund 4,5 Millionen Euro kamen dabei nach Angaben der Initiatoren bis Anfang Oktober zusammen. Fast 50.000 Unterstützer bestellten demnach etwa 175.000 Flaschen, außen „originalverschlammt“. Jede einzelne Flasche sei somit ein Unikat.

Erwartete Erntemenge

Verbandsgeschäftsführer Schubert erwartet wegen des „insgesamt zu feuchten Wetters in diesem Jahr“ eine eher unterdurchschnittliche Erntemenge im größten zusammenhängenden Rotweingebiet der Republik. Das Deutsche Weininstitut hat kürzlich auch auf bundesweit meist gute Fruchtansätze, aber ebenso auf regenbedingten regionalen Pilzbefall hingewiesen. Schubert rechnet mit dem Abschluss der Hauptlese an der Ahr in etwa zwei Wochen – je nach Wetter.

(dpa/MK)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Weingläser
Deutsches Weininstitut
Deutsches Weininstitut

2021 bringt gute Weinqualitäten

Nach Aussagen des Deutschen Weininstituts ist der aktuelle Weinjahrgang aus qualitativer Sicht als gut einzustufen. Die geschätzte Erntemenge liegt nur leicht unter dem langjährigen Mittel.
Ministerpräsident Günther besichtigte mit Kirsten Herrmann am 24. Oktober die Schäden im Hotel Hafen Flensburg.
Hoffnung
Hoffnung

Hotel Hafen Flensburg kämpft nach Sturmflut weiter

Eine gewaltige Sturmflut traf in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober 2023 auf die Ostseeküste. Auch das Hotel Hafen Flensburg wurde Opfer dieser Naturgewalten. Doch Aufgeben kommt für das Designhotel nicht in Frage. 
Die Pfälzische Weinkönigin Lea Baßler bei der Lese der ersten Trauben des Jahres
Weinlese
Weinlese

Erste Trauben für Federweißen gelesen

Am 14. August war es soweit: In der Pfalz wurden die ersten Trauben des Jahres für die Bereitung des berühmten Federweißen gelesen. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts (DWI) bewegt sich der diesjährige Lesestart wie auch der allgemeine Entwicklungsstand der Reben im Durchschnitt der letzten Jahre.
Alexandra und Reto Invernizzi
Wiederaufbau
Wiederaufbau

Hotel Landgasthof Kemmeriboden-Bad: Wiedereröffnung nach Katastrophe

Großes Comeback: Heftige Niederschläge hatten am 4. Juli 2022 durch die übergetretene Emme zu Überschwemmungen geführt. Auch der bekannte Gasthof Kemmeriboden-Bad wurde geflutet und musste schließen. Doch nun ist man erwartungsvoll, bald wieder die Türen zu öffnen und den Hotelbetrieb wieder aufzunehmen.  
Stephan Fendel, Dr. Andreas Nikolay, Ulrich Tukur, Gerd Ripp (v. l. n. r.)
Berliner Wein Trophy 2022
Berliner Wein Trophy 2022

Oberweseler Eiswein gewinnt Großes Gold

Der Oberweseler Römerkrug Riesling Eiswein Blutmond wurde mit dem Großen Gold bei der Berliner Wein Trophy 2022 ausgezeichnet. Die Eisweintrauben hierfür hat man bis zum 21. Januar hängen lassen und in der Blutmondnacht geerntet. 
Weinrebe
Weinbau
Weinbau

Unterdurchschnittliche Menge an Wein und Most

Die Winzer in Deutschland haben im vergangenen Jahr eine leicht unterdurchschnittliche Menge an Wein und Most produziert. Nach drei Hitzejahren hatte im Sommer 2021 anhaltender Regen das Wachstum der Reben begrenzt.
Weinbau
Weinbau
Weinbau

Winzer optimistisch für neuen Jahrgang

Nichts mit Winterruhe in den Weinbergen an Saale und Unstrut. Es gilt die Rebstöcke für den Jahrgang 2022 fit zu machen. Mit Fachwissen, Handarbeit und Vorfreude. Denn zumindest das Wetter stimmt – bisher.