Kuscheln im Knast

Gefängnis öffnet sich für Hotelgäste

Ein Hotelgast in Sträflingskleidung
Ungewöhnliches Gästehauskonzept: Ein „Hotelgast“ im Fürstenauer Amtsgefängnis inspiziert seine Urlaubszelle. (© picture alliance/Friso Gentsch/dpa)
Es ist beängstigend leicht, ins Gefängnis zu kommen, jedenfalls dann, wenn man bereit ist, dafür zu zahlen! Das Amtsgefängnis Fürstenau lockt Hotelgäste mit ganz speziellem Charme – und Häftlingskleidung.
Freitag, 18.10.2019, 09:37 Uhr, Autor: Thomas Hack

Man muss nicht straffällig geworden sein, wenn man in Fürstenau in den Knast wandert. Denn: Je Nacht werden 45 Euro pro Person fällig, wenn man im ehemaligen Fürstenauer Amtsgefängnis schlafen möchte. Die engen Zellen bieten wenig Komfort, was allerdings kein Hindernis sein muss: Seit der Eröffnung haben hier schon zahlreiche „Hotelgäste“ übernachtet – auch ein Paar, das dort seine Hochzeitsnacht verbracht hat. In den engen Zellen saßen auch schon Mörder und ein Pferdedieb ein, der 1883 auf dem Fürstenauer Hamberg hingerichtet wurde. Das erzählt Günter Sponheuer vom Verein Arbeitskreis Archäologie und Stadtgeschichte, der sich seit 2015 um die Restaurierung des Gebäudes bemüht. Sechs Zellen sind als Gästezimmer hergerichtet, zwei Zellen im ursprünglichen Zustand belassen worden, um sie für Stadtführungen zu nutzen, sagt der Vereinsvorsitzende Werner Pries. Darunter sind die Zelle eines Mörders und der ehemalige Duschraum. Sie vermitteln einen Eindruck davon, wie karg das Leben der Inhaftierten in der Vergangenheit war.

Hotelgäste müssen Sträflingskleidung tragen

Aber auch die renovierten Zellen geben einen Einblick in die harte Existenz von Gefangenen im 18. und 19. Jahrhundert. Sie lebten eingesperrt hinter 90 Zentimeter dicken Mauern, Tageslicht gab es wenig, eine Heizung auch nicht, und die Holztüren sehen ausbruchssicher aus. 27 Türen gab es im Amtsgefängnis, sagt Pries. Aber: „Hier ist niemand ausgebrochen!“. Seit Pfingsten sind die Zellen für Gäste buchbar. 140 Übernachtungen habe es seitdem gegeben – „und das ohne Werbung“, sagt Pries. Dabei wird den Gästen des Amtsgefängnisses sogar schwarz-weiß gestreifte Häftlingskleidung ausgehändigt. Die sollen sie während ihres Aufenthalts tragen. „Und die meisten machen das auch“, meint Sponheuer. Der Verein plant zudem, Gäste künftig am Draisinenbahnhof abzuholen, um sie an Ketten gefesselt in einer offenen Karre durch die Stadt zum Hotel zu fahren. Auch die Installation eines Prangers oder eines Schandpfahls sei angedacht, erzählt Pries.

„Das befeuert das Geschäft!“ (Dehoga)

Der Trend zu ungewöhnlichen Hotelkonzepten gebe es immer noch, weil dem Gast auf diese Weise vermittelt werden könne, etwas zu bekommen, was er anderswo nicht finde, erklärt Rainer Balke, Hauptgeschäftsführer des Dehoga Niedersachsen: „Das befeuert in vielen Fällen das Geschäft, gerade in Zeiten, in denen große Teile unserer Gesellschaft ziemlich gesättigt sind.“ Es müssen nicht einmal immer besondere Orte sein. „Mal geht es um besondere Ruhe, mal geht es um Genüsse, mal geht es um Abenteuer“, sagt Balke. Das Fürstenauer Amtsgefängnis bietet aber auch denjenigen Gästen einen Platz, die nur einen Platz zum Schlafen und ein Frühstück suchen, erklärt Pries. Er habe selbst mal in einer Zelle übernachtet: „Es war himmlisch ruhig.“ Allerdings habe er einmal einen Gast sogar abweisen müssen, erinnert sich Pries. Ein Mann habe angerufen und gefragt, ob er wirklich eingesperrt und als Insasse behandelt werden könne, der nur zu gewissen Zeiten aus der Gefängniszelle heraus dürfe. „Das können wir nicht machen. Das wäre ja Freiheitsberaubung“, betont Pries. (lni/TH)

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