Meinung

„Man kann die eigene Hotelbranche nicht im Regen stehen lassen“

Ralf Müller, Geschäftsführer der Johannesbad Hotels
Ralf Müller, Geschäftsführer der Johannesbad Hotels, fordert mehr finanzielle Hilfen für die bayerische Hotellerie. (Foto: ©Johannesbad)
Der Geschäftsführer der Johannesbad Hotels, Ralf Müller, zeigt anhand seiner Häuser, wie schwierig die aktuelle Situation für die bayerische Hotellerie ist. Ein kostendeckender Betrieb sei nicht möglich. Die Regierung kritisiert er scharf.
Dienstag, 21.07.2020, 08:04 Uhr, Autor: Kristina Presser

Ralf Müller, Geschäftsführer der Johannesbad Hotels, hat das Vorgehen der bayerischen Regierung angesichts der finanziellen Nöte der Hotellerie durch die Corona-Krise und einem ausbleibenden Rettungsfonds scharf kritisiert. Er selbst leitet sieben Hotels, fünf davon stehen im bayerischen Bad Füssing. Keines davon lässt sich unter den aktuellen Vorgaben zur Minimierung des Infektionsrisikos kostendeckend führen, wie er deutlich macht. Für Müller steht fest: „Bayern braucht den Tourismus, um die wirtschaftliche Delle nach dem Lockdown durch die Corona-Pandemie wieder ausgleichen zu können.“ Der Tourismus sei für die Wirtschaftskraft des Landes elementar. Von daher müsse es doch im Interesse des Freistaats sein, dass Hotels nicht pleitegehen – zumal das bayerische Wirtschaftsministerium von Bayern als eine der „führenden Ganzjahres-Destinationen in Europa und Tourismusland Nummer 1 in Deutschland“ spricht.  Doch im Gegensatz zu Baden-Württemberg, wo es ein Hilfspaket über 330 Millionen Euro für Hotellerie und Gastronomie gebe, sei in Bayern – einem der beliebtesten deutschen Reiseziele – noch keine staatliche Unterstützung in Sicht. „Man kann nicht Fluggesellschaften und Reiseveranstalter retten, aber die eigene Hotelbranche im Regen stehen lassen“, kritisiert Müller.

Auch vom Konjunkturpaket der Bundesregierung habe er sich mehr erhofft. „Die geplanten Summen sind zu gering. Überbrückungshilfen für drei Monate greifen deutlich zu kurz. Diese müssen mindestens auf sieben Monate ausgeweitet werden.“ Daher fordert der Hotelier einen „breit angelegter Rettungsschirm für die bayerische Hotellerie, damit wir auch morgen dahoam noch Urlaub machen können!“

Mehr Ausgaben für Einhaltung der neuen Hygienestandards

Es fehlen also Hilfsgelder auf der einen Seite, auf der anderen kommen durch Hygiene- und Schutzmaßnahmen höhere Ausgaben dazu. „Wir haben höhere Kosten für Personal und Hygiene bei gleichzeitig geringerer Auslastung“, erklärt Ralf Müller. Um die Mindestabstände einzuhalten, sei maximal eine Auslastung von 60 Prozent möglich. „Und die Verdopplung der Reinigungszyklen erhöht die Kosten um 15 Prozent.“ In den Häusern der Gruppe setzt Ralf Müller Hygienemaßnahmen nach medizinischen Standards um. „Es ist mir wichtig, dass wir alles tun, um unsere Gäste sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einer Ansteckung zu schützen“, betont er.

Müller hofft jetzt auf einen guten Sommer für den bayerischen Tourismus und ein Einsehen der Staatsregierung: „Die Deutschen urlauben in diesem Jahr lieber im eigenen Land, wie aktuell festzustellen ist. An Nord- und Ostsee wird es schon eng. Wir im Süden haben viel Platz; Bayern hat neben Bergen und Seen einiges zu bieten.“ Doch auch wenn so viel Gäste käme, wie man beherbergen könnte, sei ein kostendeckender Betrieb unter den aktuellen Bedingungen einfach nicht möglich, gibt der Hotelexperte zu bedenken.

Was sich Gäste wünschen

Eine Online-Befragung der Johannesbad Hotels unter rund 3.000 Gästen hat ergeben: 65 Prozent wünschen sich weiterhin Büfetts, jedoch nur mit einer Begrenzung der Personenzahl. Mehr als 70 Prozent sprachen sich für einen Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Tischen aus. Auch mehrere Essenszeiten, um die Anzahl der Gäste im Restaurant zu begrenzen, wurden positiv gesehen (64 Prozent). „In allen Johannesbad Hotels mit Ausnahme des Ludwig Thoma bieten wir Frühstückbüfetts an – allerdings bedient“, erklärt Ralf Müller, „die Gäste suchen sich aus, was sie essen möchten. Das Angebot ist durch Plexiglasscheiben geschützt; Mitarbeiter füllen die Teller.“

Die Essenszeiten werden in allen Häusern auf vier Stunden ausgedehnt. „Das erhöht natürlich den Personalbedarf und somit auch die Kosten“, fasst er zusammen. Ralf Müller verspricht: „Die Preise für unsere Gäste bleiben stabil. Die Mehrkosten müssen wir selbst irgendwie tragen, unseren Part die Situation zu meistern nehmen wir ernst und engagieren uns. Umso schwieriger ist das, wenn uns die Politik dabei ganz im Regen stehen lässt. Lange kann das kein Hotel durchhalten.“

Investition in neue Angebote für besseres Gästeerlebnis

Unterstützung bekommen die Johannesbad Hotels von anderer Stelle: „Für unsere eigenen Häuser ist die Sache klar, aber auch unsere Verpächter stehen hinter uns. Sie helfen, wo sie können“, sagt Ralf Müller. „Gemeinsam werden wir diese Herausforderung bewältigen.“ Der Hotelier zeigt sich dankbar – die gute Zusammenarbeit in der Krise folgere aus dem gewachsenen Vertrauensverhältnis zwischen Johannesbad Gruppe und ihren Geschäftspartnern. Dazu trägt auch bei, dass die Johannesbad Hotels auch in diesem Jahr investiert haben – in Renovierungen und neue Angebote für Wellnessgäste und speziell für Familien. „Nur so können wir unseren Gästen Urlaub für Körper und Seele ermöglichen“, sagt Ralf Müller.

Trotz all der Umstände, versucht Müller positiv in die Zukunft zu blicken: „Ich bin nur deshalb noch optimistisch, weil ich hoffe, dass die bayerische Staatsregierung ein Einsehen hat und der einheimischen Hotellerie durch diese nicht selbst verschuldete Krise hilft.“
(trurnit/KP)

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