Langzeitversuch

Gastronomie-Ausbildungen senken Kriminalitätsrate

Eine Großküche im Gefängnis
Bei Häftlingen, die im Restaurant „Clink“ des Brixton Gefängnis ausgebildet wurden, betrug die Rückfallquote 11 Prozent, verglichen mit 32 Prozent bei anderen Häftlingen. (© Gerhard Seybert/Fotolia)
In mehreren US-Gefängnissen werden fünf Jahre lang Sträflinge in Küche und Service geschult. Das Ergebnis: Die kriminelle Rückfallrate sinkt von 32 auf 11 Prozent. Das Projekt soll jetzt auch den Fachkräftemangel bekämpfen.
Mittwoch, 07.08.2019, 09:18 Uhr, Autor: Thomas Hack

Eine Studie seitens des amerikanischen Justizministeriums hat der BBC zufolge herausgefunden: Ein gehobeneres Gefängnisrestaurant, in welchem Häftlinge umfassende Kenntnisse in Küche und Gastgewerbe erwerben können, senkt extrem die kriminellen Rückfallraten der Gefangenen. Ein Ministeriumssprecher kommentierte, dass der Versuch wunderbar zeige, dass die Gelegenheit, in einem professionellen Restaurant zu arbeiten die Wahrscheinlichkeit von Wiederholungstaten verringere. „Bildung und Beschäftigung sind entscheidend, um nicht rückfällig zu werden“, sagte er dazu.  Die Untersuchung, die vom Justice Data Lab durchgeführt wurde, verglich dabei das Verhalten von Häftlingen, die das Restaurantausbildungsprojekt durchlaufen hatten mit jenem der anderen Gefangenen. Schnell wurde festgestellt, dass die Rückfallrate bei denjenigen, die im Restaurant „Clink“ im Brixton Gefängnis ausgebildet wurden, 11 Prozent betrug, verglichen mit 32 Prozent bei den nicht beteiligten Häftlingen.

Weniger Straftaten durch Gastronomieausbildung

In vier Gefängnissen, in denen das Projekt durchgeführt wird – Cardiff, High Down in Surrey, Brixton und Styal in Cheshire – sind 15 Prozent derjeniger, die im Rahmen des Ausbildungsprogramms gearbeitet haben, innerhalb eines Jahres wieder straffällig geworden, während es in der Vergleichsgruppe eine Rückfallquote von 22 Prozent gab. Eine weitere Analyse macht deutlich, dass die Auswirkungen des Clink-Projekts ganze 16 Straftaten weniger pro 100 Personen bedeuten würden, die jedes Jahr das Gefängnis verlassen.

Fünf Jahre Schulung im Kochen und Service

Die Restaurants, die hinter den Gefängnismauern höherwertige Speisen anbieten – mit Plastikbesteck und ohne Alkohol – sind auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Mahlzeiten werden dabei vorab überprüft und müssen sowohl in Brixton als auch in High Down einer Sicherheitskontrolle unterzogen werden, da sich die Restaurants innerhalb der Gefängnismauern befinden. In den vergangenen fünf Jahren wurden die Gefangenen in der Zubereitung und Bedienung von Speisen geschult, während sie ihre Strafen absitzen. Sinn und Zweck sei es unter anderem, die Häftlinge darauf vorzubereiten, direkt wieder in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, wobei ein erneutes Kriminalitätsrisiko minimiert werden soll.

Mit Ex-Sträflingen gegen den Fachkräftemangel

Das Clink-Projekt arbeitet mittlerweile mit acht Gefängnissen zusammen und hilft den Häftlingen auch, ihre erworbenen Qualifikationen bei späteren Arbeitgebern im Gastgewerbe einzubringen. John Beck, City and Guilds-Manager, erklärt: „Es geht darum, den Menschen eine zweite Chance zu geben und das signifikante Stigma, das mit der Einstellung von Ex-Tätern verbunden ist, zu überwinden.“ Dieses habe in der Vergangenheit oftmals dazu geführt, dass viele entlassene Häftlinge keinen Zugang zu derjenigen Ausbildung haben, die sie für ihre Arbeit benötigen. „Die Erziehung von Gefangenen ist keine Belohnung für ein Verbrechen – es geht darum, zu verhindern, dass weitere Verbrechen begangen werden“, sagte er dazu. Das Projekt arbeitet mit den Straftätern auch nach der Entlassung und organisiert den Übergang in den Arbeitsmarkt der Gastronomie, die seit Jahren mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen hat. (bbc.com/TH)

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