Schweizer Lehrlingsbarometer

Arbeitszeiten für Nachwuchskräfte problematisch

Koch gibt Auszubildenden in einer Küche Tipps
Während Arbeit und Ausbildung von den Nachwuchskräften durchwegs positiv beurteilt werden, sind es die Arbeitszeiten bzw. Dienstpläne, die bei jungen Gastro-Mitarbeitern für die Flucht aus der Branche sorgen. (© fotolia.com/Phovoir)
In einer repräsentativen Befragung unter Nachwuchskräften zeigt sich einmal mehr: Obwohl die Lehrlinge mehrheitlich mit der Ausbildung zufrieden sind, verlassen viele die Branche.
Mittwoch, 03.07.2019, 09:40 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Rund 3800 Lernende aus den Bereichen Küche, Hauswirtschaft, Restauration, Kaufmann/Kauffrau und Bäckerei-Konditorei haben an der kürzlich durchgeführten Umfrage der Branchenorganisation Hotel & Gastro Union (HGU) teilgenommen. Durchgeführt und ausgewertet wurde die Umfrage vom Forschungsinstitut Ipsos in Root.

Wie schon in den Vorjahren zeigt die repräsentative Umfrage „Lehrlingsbarometer“ diametrale Tendenzen. Das Positive vorweg: 89 Prozent der Befragten gaben an, dass der Ausbildner sich genügend Zeit nimmt für die Ausbildung. Das Arbeitsklima empfinden 91 Prozent als sehr gut bis genügend. Die Qualifikation des Lehrmeisters stufen gar 94 Prozent als sehr gut bis genügend ein. Auch das Image beurteilen die Lehrlinge mit 87 Prozent als genügend bis sehr gut. Die Krux? Trotz positiver Bewertungen bleiben nur gut zwei Drittel sicher oder vermutlich in der Branche. Vier Jahre nach der Lehre ist gut die Hälfte der Lehrabgänger nicht mehr in der Branche tätig.

Branche muss bei Arbeitszeiten kreativer werden

Was sind die Gründe dafür? Eine frühere Befragung belegt, dass Arbeitszeiten, Überstunden, Dienstplan und Ferienregelung für Unzufriedenheit sorgen. Über alle Berufe betrachtet sind 34 Prozent diesbezüglich unzufrieden, in der Restauration sind es gar 53 Prozent. Für Roger Lütolf, Leiter Marketing der Hotel & Gastro Union und Verantwortlicher für den Lehrlingsbarometer, ist klar: „Die Öffnungszeiten der Restaurants sind zwar gegeben. Aber bei den Arbeitszeiten sind neue Wege gefragt. Da muss die Branche kreativer werden.“

Maßnahmen gefragt

Lütolf will daher eine Task Force unter anderem mit Arbeitgebern und Organisationsentwicklern ins Leben rufen, die neue Arbeitszeitmodelle ausarbeiten soll. Lösungsansätze werden in einigen Monaten erwartet. Bis dahin solle man auf bestehende Ideen zurückgreifen: Nur knapp 70 Prozent der Mitarbeiter erhalten den Dienstplan immer oder fast immer rechtzeitig. Gemäß Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) ist vorgeschrieben, dass die Arbeitspläne mindestens zwei Wochen im Voraus erstellt werden müssen. Ausnahme sind Saisonbetriebe mit einer Woche Vorlauf. Bei der Planung der Arbeitspläne soll der Chef die Situation der Mitarbeitenden mitberücksichtigen und ihre Wünsche miteinbeziehen. Junge arbeiten oft gerne am Abend und an Wochenenden, während berufstätige Elternteile die Wochenenden mit der Familie verbringen wollen. „Auch wenn nicht alle Präferenzen berücksichtig werden können, erhöht das Miteinbeziehen der Mitarbeitenden deren Zufriedenheit, was sich positiv auf Leistung und Stimmung im Betrieb auswirkt“, ist man bei der HGU überzeugt. Weiter gelte es, die Mitarbeiter in geeignete Aus- und Weiterbildungen zu schicken mit dem Fokus auf die Berufsprüfung sowie höhere Fachprüfung. Sofern der Betrieb dem L-GAV unterstellt ist, werden die Kosten für den Lehrgang weitgehend aus den Vollzugskosten-beiträgen des L-GAV übernommen. Auch der Lohnausfall wird dem Betrieb aus diesen Geldern entschädigt.

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