Radikal ehrlich oder radikal luxuriös – Gastronomie muss sich entscheiden
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Radikal ehrlich oder radikal luxuriös – Gastronomie muss sich entscheiden

Ploners Gastro-Kolumne

von Jean-Georges Ploner
Mittwoch, 20.08.2025
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Wer heute Gäste gewinnen und halten will, steht vor zwei grundverschiedenen Wegen: Entweder man kämpft um die Preisführerschaft – das beste Angebot zum kleinsten Preis. Oder man setzt auf Genuss, Qualität und kleine Alltagsfluchten – wohl wissend, dass der Gast bereit ist, mehr zu zahlen.

Weniger ist oft mehr

Der erste Weg ist hart, aber möglich: bessere Einkaufskonditionen aushandeln, kleinere Portionen kalkulieren, Service und Angebot radikal verschlanken. Raus aus dem Zwang, alle Spirituosen dieser Welt vorrätig zu haben und Cocktails auf die Karte zu packen. Back to Basics: ein kleines, stimmiges Sortiment, gute Qualität, vernünftige Preise. Ein ehrliches Angebot, das den Gast wie­­derkommen lässt, weil es nicht vorgibt, mehr zu sein, als es ist.

Mehr verlangen, mehr leisten

Der zweite Weg setzt auf genau dieses Mehr: mehr Atmosphäre, Genuss, Emotion. Gastronomie als kleiner Luxus im Alltag. Doch wer diesen Pfad wählt, muss sich bewusst sein: Der Gast wird für höhere Preise mehr erwarten. Durchschnitt reicht nicht mehr. Das Essen muss überzeugen, der Service begeistern. Gerade beim Service zeigt sich, dass Luxus nicht zwingend Geld kostet, aber immer Mühe. Gäste spüren sofort, ob sich ein Team Gedanken macht, ob es Freude daran hat, Gastgeber zu sein. Hier sind fünf Ideen, die nichts kosten, aber den Unterschied machen können.

Aufmerksame Präsenz ohne Aufdringlichkeit: Immer da sein, wenn der Gast etwas braucht, ohne ihn zu bedrängen. Blickkontakt, dezentes Nachschenken, also Präsenz, die beruhigt, nicht nervt.

Herzlichkeit mit Persönlichkeit: Keine standardisierten Floskeln, sondern ehrliches Interesse. Ein echtes Lächeln, ein persönlicher Tipp, ein kurzer Satz, der zeigt „Hier arbeitet ein Mensch, kein Roboter.“

Proaktive Aufmerksamkeit für Details: Den Gast verwöhnen heißt, vor ihm zu erkennen, was er braucht. Eine heruntergefallene Serviette unaufgefordert ersetzen, Lieblingsgerichte merken, kleine Gesten, die in Erinnerung bleiben.

Fachwissen souverän anwenden: Sicherheit schafft Vertrauen. Zutaten erklären, Weine empfehlen, Sonderwünsche ernst nehmen, Lösungen finden, statt Probleme betonen.

Elegante Fehlerkultur: Fehler passieren. Entscheidend ist, wie damit umgegangen wird: ehrlich, schnell, freundlich, mit einer kleinen Aufmerksamkeit als Entschuldigung. Aus einer Panne kann so ein Moment entstehen, über den der Gast noch lange positiv spricht.

Haltung statt Gimmicks

All das ist kein Hexenwerk. Es braucht kein großes Budget, keine noch ausgefallenere Deko-Idee. Was es braucht, ist eine Haltung: den echten Willen, Gastgeber zu sein, nicht nur Verkäufer von Essen und Getränken. Der Gast wird in Zukunft noch genauer hinschauen. 


Jean-Georges Ploner
Foto: privat

Unser Autor

Jean-Georges Ploner ist Spezialist für Konzepte, Innovation und F&B-Consulting. Er ist Fachbuchautor und bietet gemeinsam mit Gastronomie-Profis unter dem Namen »Global F&B Heroes« Profi-Lösungen für die Hotellerie und Gastronomie an. Mehr Infos:

www.fbheroes.de

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