Müllvermeidung durch Steuer
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Müllvermeidung durch Steuer?

Recht so? Expertenkolumne

von Kristina Harrer-Kouliev/Alexandra Schmidt
Dienstag, 13.05.2025
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Viele Städte diskutieren darüber, manche haben sich davon distanziert, zwei Städte haben sie eingeführt – die Rede ist von der kommunalen Verpackungssteuer. Die Wurzeln dieser kommunalen Initiative liegen in Tübingen, wo im Jahr 2022 eine Verpackungssteuer für Einweggeschirr, Einwegbecher und Einwegbesteck eingeführt wurde. Da sich ein unmittelbar betroffenes Unternehmen in Form einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gewehrt hatte, blieben weitere Städte zunächst zurückhaltend und warteten auf die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit einer solchen Steuer. 

Im Januar 2025 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht nun seine Entscheidung: Die Tübinger Satzung, auf welcher die Verpackungssteuer fußt, sei verfassungsgemäß. Diese Entscheidung markiert nun für zahlreiche deutsche Städte den Startpunkt, ernsthaft darüber nachdenken, diese neue Möglichkeit zur Generierung kommunaler Einnahmen zu nutzen.

Was genau ist die Tübinger Verpackungssteuer?

Eine Verpackungssteuer nach dem Tübinger Modell sieht vor, dass Verkaufsstellen, die Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen ausgeben, eine Abgabe für Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck an die Kommune leisten. Erhoben werden hier 50 Cent für Verpackungen und Geschirr und 20 Cent für Besteck. Als Ziel dieser Steuererhebung nennen die Kommunen die Reduzierung von Verpackungsmüll im öffentlichen Raum. Die Stärkung der städtischen Haushaltskassen dürfte hier jedoch nicht nur ein positiver Nebeneffekt sein.

Große Belastung ohne Zweckerreichung

Leider überwiegen die mit der Verpackungssteuer verbundenen Kosten und Belastungen deutlich den angestrebten Zweck einer – grundsätzlich begrüßenswerten – Reduzierung des Müllaufkommens. Die Preiserhöhungen, die mit der Einführung einer Verpackungssteuer einhergehen, führen zwangsläufig zu Konsumverlagerungen. Zudem belastet die mit einer Steuereinführung verbundene Bürokratie die ohnehin bereits gebeutelten Unternehmen übermäßig.

Darüber hinaus zeigen die Entwicklungen in Tübingen eindrücklich, dass das Ziel, Verpackungsmüll im öffentlichen Raum zu reduzieren, gar nicht erreicht wird. Verbraucher greifen überwiegend weiterhin zu herkömmlichen Verpackungen. Zudem sind Mehrwegverpackungen nicht automatisch ökologisch vorteilhafter als Einwegverpackungen, da ihre Herstellung und Nutzung relativ ressourcenintensiv ist.

Blick in die Zukunft

Tübingen und Konstanz sind aktuell die einzigen deutschen Städte, die bereits eine Verpackungssteuer eingeführt haben, allerdings sind viele weitere Kommunen bereits konkret in der Planung zu einer Einführung. 

Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Städte davon zu überzeugen sind, dass eine Verpackungssteuer keine Lösung ist. Vielmehr schafft sie eine Reihe weiterer Probleme, ohne die beabsichtigte Verbraucherlenkung zu bewirken. Alternative Lösungsansätze zur Vermeidung von Müll im öffentlichen Raum sowie Aufklärung und Sensibilisierung der Verbraucher wären hier gefragt – und würden mehr bewirken.


Kristina Harrer-Kouliev (l.) und Alexandra Schmidt (r.)
Kristina Harrer-Kouliev (l.) und Alexandra Schmidt (r.)
Foto: BdS

Die Autorinnen

Kristina Harrer-Kouliev

Kristina Harrer-Kouliev ist Fach­anwältin für Arbeitsrecht, Leiterin der Rechtsabteilung des BdS sowie ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht in Berlin. Ihr Jurastudium hat sie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen absolviert.

Alexandra Schmidt

Alexandra Schmidt ist seit Januar 2023 als Syndikusrechtsanwältin und Referentin beim Bundesverband der Systemgastronomie in München tätig. Sie studierte Jura an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München

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