Prognose

Mehrwertsteuererhöhung verschärft die Lage in der Gastronomie

Zwei Gastronomen bei der Abrechnung
Ab 2024 soll in der Gastronomie ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen gelten. (Foto: © DanRentea/stock.adobe.com)
Ab Anfang 2024 soll in der Gastronomie wieder der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gelten. Für die Betriebe macht dies die Lage nicht einfacher. Was könnte die Mehrwertsteuererhöhung für die Gastronomie bedeuten?
Donnerstag, 23.11.2023, 11:14 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

„Die Anhebung der Mehrwertsteuer wird vor allem für bereits finanziell angeschlagene Gastronomiebetriebe die Lage weiter verschärfen“, erläuterte der Deutschland-Geschäftsführer des Informationsdienstleisters Crif, Frank Schlein, am Mittwoch.

Mitte November galten einer Crif-Auswertung zufolge 15.069 Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés in Deutschland als insolvenzgefährdet. Das entspreche 12,6 Prozent der knapp 120.000 analysierten Betriebe. Im August waren es noch 11,9 Prozent. Im Januar 2020 – vor der Corona-Pandemie – lag die Zahl insolvenzgefährdeter Gastronomiebetriebe demnach bei 12.662 beziehungsweise 10,7 Prozent.

Regionale Unterschiede

Ein Blick auf die regionalen Zahlen zeigt, dass das Insolvenzrisiko bei Unternehmen aus der Gastronomie in Berlin am höchsten ist. Dort gelten 16,5 Prozent bzw. 1.369 der Gastronomieunternehmen als insolvenzgefährdet. Es folgen Bremen (16,2 Prozent der Gastronomen insolvenzgefährdet; 144), Nordrhein-Westfalen (14,6 Prozent; 3.199), Sachsen-Anhalt (14 Prozent; 560) und Hamburg (13,3 Prozent; 412).

Das geringste Insolvenzrisiko haben derzeit Unternehmen aus der Gastronomie in Bayern (10,5 Prozent; 1.956) und Rheinland-Pfalz (10,5 Prozent; 693) sowie in Mecklenburg-Vorpommern (10,6 Prozent; 331).

„Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie sieht sich die Gastronomiebranche mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Diese umfassen steigende Inflation, höhere Energie- und Arbeitskosten sowie den wachsenden Trend des Home-Office. Dieser führt zu weniger Gelegenheiten für Mittagspausen und weniger Besuchen in Restaurants oder Cafés“, erklärt CRIF Deutschland Geschäftsführer Dr. Frank Schlein.

„In der Gastronomiebranche zeigt sich eine deutliche Zweiteilung“

Seit Beginn des Jahres 2022 hat sich der Bonitätsindex als aussagekräftiges Maß für die finanzielle Stabilität in der Gastronomiebranche stetig verbessert. Im Januar 2022 lag der durchschnittliche Bonitätsindex aller Gastronomieunternehmen bei 3,02. Bis August 2023 verbesserte sich dieser auf 2,80 und setzte seinen positiven Trend im November 2023 mit einem Wert von 2,79 fort. Diese fortlaufende Verbesserung spiegelt die generelle Aufwärtsentwicklung der finanziellen Stabilität innerhalb der gesamten Branche wider.

„In der Gastronomiebranche zeigt sich eine deutliche Zweiteilung. Unternehmen, die sich in einer stabilen finanziellen Lage befinden, haben ihre Widerstandsfähigkeit weiter gestärkt. Hingegen sehen sich Gastronomiebetriebe, die bereits zuvor mit Problemen zu kämpfen hatten, vermehrt mit der Gefahr der Insolvenz konfrontiert.“

Anstieg insolvenzgefährdeter Gastronomieunternehmen in allen Bundesländern

Im Durchschnitt gab es im Vergleich zum August 2023 einen Anstieg um 6 Prozent an gastronomischen Betrieben, die von Insolvenz bedroht sind. Der deutlichste Anstieg ist mit 11,4 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen, gefolgt von Baden-Württemberg und Thüringen mit einem Plus von 9,6 Prozent. Im Gegensatz dazu ist der Anstieg in Bremen mit 2,1 Prozent und in Schleswig-Holstein mit 2,6 Prozent geringer ausgefallen.

Auf Jahressicht 2023 prognostiziert CRIF derzeit in der Gastronomie 1.600 Insolvenzen und damit 36,5 Prozent mehr als 2022. „Im kommenden Jahr werden die Insolvenzen in der Gastronomie weiter steigen“, sagt Dr. Schlein.

Über die Analyse

Für die Analyse hat CRIF Informationen zur Finanzlage von knapp 120.000 Gastronomieunternehmen ausgewertet, die Aufschluss über die Zahlungsfähigkeit geben. Dazu zählen Angaben in Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Mitarbeiter- und Umsatzzahlen sowie Zahlungserfahrungen. Auch negative Gerichtsmerkmale wie Mahnverfahren, Inkasso-Überwachungen oder allgemeine Einträge im Schuldnerverzeichnis flossen ein.

Die Insolvenzen und die bereits vom Markt verschwundenen Unternehmen sind nicht Bestandteil der aktuellen 15.069 insolvenzgefährdeten Unternehmen.

(Crif/ots/dpa/SAKL)

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